Der in Köln lebende Saxofonist und Komponist Heiner Schmitz ist ein Spezialist für Konzeptalben. Davon künden seine Werke für Großformationen in den vergangenen Jahren, die unter anderem die Odyssee, die sieben Todsünden oder den Wald zum Thema hatten; davon lebt jetzt auch seine Einspielung im schlanken Quintettformat.
Bei den titelgebenden „Heimatstücken“ handelt es sich keineswegs um Volksliedbearbeitungen oder Vaterlandsverklärungen, sondern vielmehr um ein neugieriges Abschmecken des Heimatbegriffs. Und dessen Wurzeln liegen für Schmitz in den nebligen Räumen der Erinnerung, die er gemeinsam mit Gitarrist Martin Schulte, Pianist Simon Seidl, Bassist Matthias Nowak und Schlagzeuger Ralf Gessler besucht. Da entstehen in einem Stück wie „Ferien bei Oma“ dank des skurrilen Grooves und der quengeligen Gitarre Bilder von Geborgenheit, ungelenker Ausgelassenheit und dem kreativen Ringen mit der Langeweile, während „Sonnabend“ mit seinen dahinschnurrenden Rock-Achteln und jubilierendem Sopran den wichtigsten Autowäsche- und Grillspaß-Feiertag der Deutschen zelebriert.
Doch neben Nummern, bei denen die Assoziationen angesichts der Stücktitel einigermaßen naheliegen (zu erwähnen wäre auch „Traumwanderungen“), gibt es auch viele Kompositionen, in denen Schmitz es den Zuhörenden überlässt, welches Gefühl von Heimat sie da beschleichen mag. Etwa in „Zeitenwende“, in dem sich Unsicherheit und Verletzlichkeit genauso spüren lässt wie ein mutiger dialogischer Aufbruch, dem Saxofon und Gitarre musikalische Gestalt verleihen. Oder „Für Sabine“, bei dem man nicht weiß, ob es sich um eine Hommage an eine Jugendliebe oder um ein Trauerlied über die verflossene Zeit handelt. Der passende Abschluss eines anregend unverkitschten Heimatfilms für die Ohren.

Josef Engels, 21.10.2023

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