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N° 1356
04. - 10.05.2024

nächste Aktualisierung
am 11.05.2024



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Hyperreal

Aki Rissanen

Edition Records/Membran EDN1232
(60 Min., 3&4/2023)

Der Sound macht’s. Der Finne Aki Rissanen läuft laut seiner eigenen Homepage als Jazzpianist. Das ist er zweifelsohne. Vor allem aber fasziniert er als Soundmagier, der seine Keyboards mit höchst eigenwilligen Klängen zwischen absaufendem Gurgeln und hohem Glockenpiepsen ausstattet und zudem Übersteuerungseffekte, Verzerrungen und weitere elektronische Manipulationen und Neuschöpfungen einbaut.
Doch nicht alles scheint verfremdet. In „Breezy“ lässt er auch mal ein Fender Rhodes E-Piano wie ein Fender Rhodes E-Piano klingen – aber nicht lange, dann schraubt er auch an dessen charakteristischem Klang bis etwas Ungewöhnliches über einer Figur entsteht, die an ein völlig neu eingefärbtes Chamäleon Hancock’scher Prägung erinnert. Verneri Pohjola bläst dazu Miles-Davis-artige, fast ansatzlose Trompetentöne, und der Schlagzeuger Robert Ikiz bringt Beats aus Hip-Hop, Rock und Jazzrock zusammen, und zwischendurch weht auch noch ein wenig von Joe Zawinuls Sound- und Melodienwelt ins luftige Geschehen: eine brillante Weiterentwicklung dessen, was es schon gab, ohne es zu kopieren.
Das Cover ziert eine auf dem Rücken liegende Fliege. Ihren gestorbenen Artgenossen widmen Rissanen und der durch seine Trompete hauchende Pohjola das bedächtige „Dead Flies“, das nahtlos in die Trionummer „Quantum Ballad“ übergeht. Diese drei sind sich selbst genug, zumal der Klang zum raumfüllenden Erlebnis hochgepusht wurde. Auch ohne Kontra- oder Elektrobassisten decken Rissanen, Pohjola und Ikiz das Spektrum vom Tiefen, Dunklen bis zum Hellen, Hohen ab. So spielt die Bassdrum in „Exosphere“ einen monotonen Beat, während sich der Keyboarder im Hintergrund hält, später Kirchenklang einschiebt, dann zur Mystik und aus Science-Fiction-Filmen entliehenem Piepsen und Fiepen wechselt – und all dies wirkt wie aus einem Guss.
Indirekt reagiert der 43-jährige Rissanen, deutet er im Pressetext an, mit den elf Titeln der Disc auf die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz, Vergangenes neu zu kombinieren, Neues zusammenzufügen und Widersprüchliches zu einer Hyperrealität zu vereinen – eine Vorstellung, die ihm nicht behagt. Das Trio nutzt die menschliche Intelligenz für ein immens vielschichtiges Album, das bei jedem Hören neue Überraschungen freigibt.

Werner Stiefele, 30.09.2023


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