home

N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Responsive image mb-5

Catching Ghosts – Live At Jazzfest Berlin

Peter Brötzmann, Majid Bekkas, Hamid Drake

ACT/Edel 1099702AC1
(42 Min., 11/2022)

Dass Peter Brötzmann der wahrscheinlich konsequenteste Saxofonist war, den dieses Land je hervorgebracht hat, macht auch seine letzte zu Lebzeiten erschienene Aufnahme noch einmal deutlich. Auf „Catching Ghosts“ nahm der Gründungs-Berserker des deutschen Freejazz gemeinsam mit dem US-Schlagwerker Hamid Drake einen Faden aus den späten 1990er Jahren wieder auf, um ihn nicht als loses Ende in seiner weltweit beachteten Karriere liegen zu lassen. 1997 hatten sich Brötzmann und Drake mit dem marokkanischen Gimbri-Meister Mahmoud Ghania zusammengetan, um die ekstatischen Gemeinsamkeiten zwischen freier Improvisation und der Gnawa-Musik auszutesten.
2022, im Rahmen der Verleihung des Ehrenpreises der Deutschen Schallplattenkritik beim Berliner Jazzfest, holten Brötzmann und Drake erneut einen nordafrikanischen Virtuosen zu sich auf die Bühne. Majid Bekkas, der auch schon mit Archie Shepp oder Joachim Kühn fernab der Weltmusik-Klischees musizierte, erwies sich dabei nicht als schmückendes Ethno-Beiwerk, sondern als treibende spirituelle Kraft des Dreierbundes. Mit seinen hypnotischen Gesangs-Anrufungen der Geister und seinen erdigen Ostinati auf der Gimbri-Kastenhalslaute bildete er das Zentrum des klanglichen und rhythmischen Geschehens, auf das Brötzmann an Tenorsaxofon sowie Klarinette und Drake an Drums und Percussion dialogisch reagierten.
„Catching Ghosts“ ist auch deshalb ein würdiges Schlussstatement des am 22. Juni 2023 verstorbenen Brötzmann, weil klar wird, dass er kein radikaler Ideologe des Kaputtspielens ohne Rücksicht auf Verluste war, sondern in Wahrheit stets sensibler Künstler blieb – mit unterschiedlichen Antworten auf sich ändernde Zeiten. Vom 68er „Machine Gun“-Furor als Notwehr gegen die mangelnde Aufarbeitung von Krieg und Nazi-Diktatur in Deutschland ist auf „Catching Ghosts“ kaum etwas zu vernehmen. Dafür umso mehr von dem neugierigen, fragenden und einfache (Auf-)Lösungen wie der Teufel das Weihwasser meidenden Genie abstrakt sprudelnder Ton-Flüsse. Diese einzigartige Stimme wird dem Jazz fehlen.

Josef Engels, 01.07.2023


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen


Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Das Klavierquartett c-Moll des 19-jährigen Strauss war ein Geniestreich, der sofort als solcher erkannt wurde. Komponiert 1883/84, zwischen der ersten Sinfonie und der „Burleske“ für Klavier und Orchester, gilt es als Höhepunkt der Auseinandersetzung mit Brahms und den Formen der klassisch-romantischen Instrumentalmusik.

Aus einer viel späteren Schaffensphase, nämlich den letzten Kriegsmonaten 1945, stammen die „Metamorphosen für 23 Solostreicher“. Zu jener Zeit arbeitete […] mehr


Abo

Top