Wie wäre es, wenn man in Zeiten des durch die sozialen Medien angetriebenen Selbstoptimierungswahns mal eine neue Art von körperlichem Vergleichsmaßstab einführte? Zum Beispiel einen Schönheitswettbewerb für Finger? Dies ist nur eine der vielen skurrilen Ideen, die dem Schweizer Flötisten Ben Zahler auf dem ersten Album seines Quartetts 8 Octopi als Grundlage für seine abwechslungsreichen Kammerjazzsongs dient.
Dass „Errors In Disguise“ in jeder Hinsicht ein originelles Vergnügen ist, verdankt sich nicht nur der ungewöhnlichen Besetzung des Vierergespanns aus Basel, in dem Zahler, Pianist Iannis Obiols und Kontrabassist Ilya Alabuzhev auch ohne Schlagzeugunterstützung für rhythmische Impulsvielfalt und straffen Swing sorgen. Es liegt vor allem an der ungewöhnlichen Stimmkunst von Sängerin Isabelle Ritter, dass die Lieder über Donald Trump, Weltverbesserung, Teufelspakte und den Siegeszug der Inkompetenz zu filmreifen Satiren und Lebensbeobachtungen werden.
Ritter schlüpft in die verschiedensten Rollen, ist mal rotzfreche Göre, mal verspielte Katze, mal begriffsstutziger US-Präsident. Und wenn sie scattet, klingt das enorm lässig und unprätentiös. Mag sein, dass die Stimme – die entfernt an Blossom Dearie erinnert – nicht jedermanns Sache ist. Wer so denkt, sitzt aber nur alten verlogenen Schönheitsidealen auf, die es zu überwinden gilt. Ben Zahler und seine 8 Octopi leisten dafür Überzeugungsarbeit der charmantesten musikalischen Art.

Josef Engels, 15.04.2023

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