Tenorsax, Hammondorgel, E-Gitarre, Schlagzeug: Wenn man eine solche Instrumentenzusammenstellung auf der CD-Hülle vorfindet, ist die Sache klar – hier geht’s erdig-verschwitzt im Souljazz-Idiom zu. Oder? Dem luxemburgischen Saxofonisten Maxime Bender und seinen Mitstreitern Manu Codjia (Gitarre), Jean-Yves Jung (Orgel/Piano) und Jerome Klein (Drums) bereitet es jedenfalls hörbar Freude, diese Erwartungshaltung zu unterlaufen.
„Fall & Rise“ zeichnet sich nämlich durch eine zuweilen an Pop-Hymnik erinnernde Grundstimmung und das federleichte Zusammenspiel des luxemburgisch-französischen Quartetts aus. Stücktitel wie „Gravity“, „Levity“, „Expansion of Space“ oder „Flow“ zeugen von Benders bewusster Auseinandersetzung mit den physikalischen Begebenheiten, die sich in puncto Raumentfaltung, Fliehkraft und Auftrieb aus der speziellen Besetzung ergeben.
Auch wenn es stilistisch eher zivilisiert-zurückhaltend zugeht (da reicht die Palette von folkigem Fusionjazz in „Gravity“ über kammermusikalisch Feinnerviges wie „Fall & Rise“ bis hin zu dynamisch clever arrangiertem Post-Rock in „Out of the Silence“), strotzen die Solisten vor Energie. Bender an Tenor und Sopransax sowie Codjia mit seinen vielfarbigen Akkordbrechungen und süchtig machenden Gitarrenlinien geben stellenweise so viel Gas, dass Robert Habeck und anderen Energiesparmahnern ganz angst und bang werden könnte.
Das Album beginnt nicht nur überraschend, sondern endet auch so: Mit einer seelenvoll-reduzierten Version von Bruce Springsteens „I’m on Fire“. Der Boss und Jazz? Das hätte man nicht unbedingt erwartet.

Josef Engels, 15.10.2022

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