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N° 1356
04. - 10.05.2024

nächste Aktualisierung
am 11.05.2024



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Lepus

Tim Allhoff

Unit Records/Membran UTR 4879
(73 Min., 2/2018)

Hasen und Kaninchen ist nicht zu trauen. Das weiß man seit Monty Pythons „Ritter der Kokosnuss“, in dem ein Kampframmler reihenweise tapfere Männer meuchelt. Ganz so brutal ist der „Lepus Europaeu“ (auch bekannt als Feldhase), der den Konsumenten verschlagen vom Cover der sechsten Einspielung des Pianisten Tim Allhoff anblickt, nicht. Wohl aber vollkommen unberechenbar.
Das zeigt sich etwa im Titelstück der Aufnahme, in dem Allhoff sein eingespieltes Trio (Andreas Kurz: Bass, Bastian Jütte: Drums) um die Streicher des Leopold-Mozart-Quartetts erweitert. Da schlägt der Hase merkwürdige rhythmische Haken, scheint zu humpeln – um dann plötzlich mit fangzahnscharfen Unisoni aufzuwarten. Allhoff lässt ihn aber auch verträumt im Gras liegen, mit vibrierenden Schlagzeugsticks kämpfen oder Brad Mehldau kurz zuwinken.
Eine tierische Unberechenbarkeit zeichnet das Album aus, dessen Konzept Allhoff dahingehend beschreibt, dass es keines gebe. So weiß man tatsächlich nie genau, wie der Hase läuft: Mal geht es in Richtung angejazzrockten Postbop, wenn der E-Gitarrist Arne Jansen und der Saxofonist Lutz Häfner zum Trio stoßen („The Demogorgon“, „Jean-Pierre“), mal in Richtung Klassik, wenn das Streichquartett allein Allhoffs Komposition „Missing Tokki – Part I“ interpretiert.
Aber auch die neue Klavierromantik eines Nils Frahm (im geheimnisvoll-schummrig streicherdurchwirkten „Svenja“) oder eine funky New-Orleans-Nummer wie „I Am The Hareman“ mit Trompetengast Nils Wülker finden ihren Platz in den verzweigten Gängen von Allhoffs Hasenbau – natürlich nicht zu vergessen die Bearbeitungen altbekannter Jazzstandards. Während „Body and Soul“ mit Jansens Gitarre verschachtelt und modern swingend daherkommt, versenkt sich Allhoff voller Inbrunst im Alleingang in Billy Strayhorns „Lush Life“ Freilich gibt es auch da eine überraschende Volte, wenn der Pianist ganz sachte und unerwartet in den vorsintflutlichen Stride-Modus wechselt. Bei dieser Aufnahme muss man halt jederzeit die Löffel spitzen.

Josef Engels, 26.01.2019


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