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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Interview · Gefragt

(c) Marco Borggreve

Sophie Dervaux

Komfortabel im Kontrast

Vivaldi ist für Fagottisten eine sichere Wahl: Die Solofagottistin der Wiener Philharmoniker startet nun eine Gesamtaufnahme seiner 39 Konzerte.

Circa 450 Solokonzerte hat der umtriebige Antonio Vivaldi in seinem Komponistenleben neben Opern und Kammermusik geschrieben. Etwa 250 fallen dabei auf die Violine, schließlich gab es in dem von ihm lange betreuten Mädchenorchester des venezianischen Ospedale della Pietà einige Solistinnen, deren Begabung er auch kreativ zu fördern wusste. Manche sind sogar namentlich bekannt.
Kaum etwas weiß man freilich über die Fagottistinnen (und Fagottisten), die ihn, bis hin nach Prag, zu insgesamt 39 Konzerten inspirierten; seine zweitgrößte Sologruppe. Doch die heutigen Vertreter dieses augenfälligen Instruments freut’s natürlich, kann man damit doch auf einen weltberühmten Namen statt auf einen Kleinmeister setzen.
So wie jetzt auch die französische Fagottistin Sophie Dervaux, die nach einigen Solojahren bei den Berliner Philharmonikern nun bei deren Wiener Kollegen „rundum glücklich“ ist: weil die Balance zwischen Opern- und Konzertdiensten für sie „stimmt und weil ich entspannt Zeit für meine Soloaktivitäten habe“.
Dazu gehört auch eine aufmerken lassende Aufnahme-Karriere, die das nunmehr vierte Soloalbum erscheinen lässt. „Es ist freilich eher Zufall, dass da mein Repertoire sich vorwiegend auf Barock und Klassik, auf Bach, Mozart, Hummel, Haydn, Vanhal oder Paganini beschränkt. Ich spiele auch sehr viel 19. Jahrhundert und Moderne, der soll sich dann unbedingt meine nächste Veröffentlichung widmen“, stoßseufzt Sophie Dervaux.
Dazwischen wird sich nunmehr immer wieder Vivaldi finden. Denn auch sie möchte mit einem Gesamtzyklus eine vielfältig klingende Visitenkarte abgeben: „Das ist ein gewaltiges Projekt, aber es schreckt mich nicht. Schon seit Jahren habe ich es mit Robin Peter Müller und dem La Folia Barockorchester geplant, denn wir spielen wirklich auf einer Wellenlänge.“
Corona hat allen die Zeit gegeben, die diversen Partituren durchzusehen und sich klarzuwerden, wie dieser Notenberganstieg zu bewältigen ist. „Es schreckt mich dabei nicht, dass es natürlich einige Vorläufer gibt“, sagt Dervaux, „nicht zuletzt Sergio Azzolini im Rahmen der Naïve-Vivaldi-Edition. Aber er spielt Barockfagott und hat ein viel größeres Orchester. Ich habe mich, obwohl ich auch historisch trainiert bin, doch für das moderne Instrument entschieden. Da fühle ich mich komfortabler. Umgekehrt ist es ein reizvoller Kontrast, wenn das nur mit Streichquartett und drei Continuo-Spielern besetzte La Folia Orchester auf alten Instrumenten hinzutritt. So bleibt alles ungemein flexibel wie transparent, und ich imitiere ihre Spielweise vielfach.“
In fünf Jahren will Sophie Dervaux das Projekt abgeschlossen haben. Neun Konzerte sind aufgenommen, sechs fanden auf das aktuelle Album: „Ich wollte symbolisch mit einem in C-Dur beginnen, das in e-Moll ist ein vielfaches Vorspielstück für uns, das in B-Dur mit einem seltenen Beinamen – ,La notte‘ – mag ich besonders.“ Und nein, auch sie kannte bisher „nur fünf bis sechs der Konzerte“. Also auch eine Disziplinierungsmaßnahme, die übrigen zu lernen. Was dem Publikum freilich unangestrengten Hörspaß bereiten soll.

Neu erschienen:

Antonio Vivaldi

Fagottkonzerte RV 473, 474, 481, 484, 497, 501

Sophie Dervaux, La Folia Barockorchester

Berlin Classics/Edel

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Manuel Brug, 23.03.2024, RONDO Ausgabe 2 / 2024



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