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George Petrou hat aus überzähligen Händel-Arien und einer Balzac-Novelle eine neue Oper erschaffen (c) Marco Bühl
1920 war es in Göttingen ein gewisser Oskar Hagen, der eine ausgeprägte Liebe zur Musik Händels besaß. Hagen musizierte sein Idol aber nicht nur mit Freunden hausmusikalisch. In jenem Jahr legte man mit der Händel-Oper „Rodelinda“ den Grundstein für die seitdem jährlich stattfindenden Festspiele. Zugleich war dieses Jahr auch der Startschuss für eine neue Händel-Zeitrechnung. Denn wenn es die Göttinger Händel-Festspiele nicht geben würde, hätte die (Opern-)Musik des Sachsen unter Garantie auch auf den internationalen Bühnen einen ganz anderen Stellenwert. „Wenn Händels Opern heute wiederaufgeführt werden“, so der Musikwissenschaftler Martin Staehelin, „liegt dies letztlich an dem Funken, den die Göttinger Händel-Renaissance von 1920 ausgelöst hat.“ Großen Anteil daran hatten im Laufe der Jahrzehnte selbstverständlich auch solche Künstlerischen Leiter wie Sir John Eliot Gardiner und Nicholas McGegan.
Seit der Saison 2021/22 ist der griechische Dirigent George Petrou in diesem Amt. Und für die kommende Ausgabe hat er unter dem Gesamttitel „Kaleidoskop“ ein äußerst facettenreiches Programm zusammengestellt. Neben einem Familienprogramm und dem Kammermusikwettbewerb „göttingen händel competition“ gibt es Händel aus der Sicht des Geigers Joseph Joachim von Shunske Sato oder eine aktuelle Jazz-Variante. Und neben dem FestspielOrchester Göttingen, das selbstverständlich auf die Originalklangkunst abonniert ist, gibt es das Saxofon von ARD-Preisträger Lutz Koppetsch neben dem Blockflötenduo Dorothee Oberlinger & Erik Bosgraaf. Und selbst solch archaische Instrumente wie das Serpent haben ihren Auftritt.
Passend zum „Kaleidoskop“, mit dem man in eine bunte, völlig unerwartete Welt schaut, schlägt man auch mit größeren Produktionen einen Bogen vom 18. ins 21. Jahrhundert. Die Vergänglichkeit des Menschen steht bei Händels erstem Oratorium „Il trionfo del tempo e del disinganno“ im Mittelpunkt. Um Krieg und Vertreibung geht es in „Israel in Egypt“. Und bei der Festspieloper erklingt selbstverständlich herrlichste Vokal- und Instrumentalmusik des Barockkomponisten – doch in dieser Form dürfte man sie noch nie gehört haben. Denn für die Oper „Sarrasine“, die auf der gleichnamigen Novelle des großen französischen Romantikers Honoré de Balzac basiert, hat George Petrou Arien ausgewählt, die Händel beim Opernkomponieren aussortiert hatte. „Nicht, weil sie von minderer Qualität waren“, so der Künstlerische Leiter. „Es seien geradezu Meisterstücke, die Händel damals aus dramaturgischen Gründen verworfen hat.“ Jahrelang hat Petrou diese gesammelt – und nun zu Balzacs Erzählung neu arrangiert.
In „Sarrasine“ hat Balzac zwei Erzählstränge zu einem Gleichnis verschmolzen: Madame de Rochefide flaniert mit dem Ich-Erzähler über einen Pariser Ball. Und schon bald lernt sie einen Greis kennen, der einst in Rom verkleidet als Opernsängerin Zambinella auftrat. In sie verliebte sich der Bildhauer Sarrasine, der nicht wusste, dass es sich bei der Sängerin um einen Kastraten handelte. Es ist eine Geschichte über die Unkontrollierbarkeit von Liebe, so George Petrou. Und diese Geschichte erweckt Petrou zusammen mit Regisseur Laurence Dale und dem männlichen Sopran Samuel Mariño zum neuen Leben – als Händel-Oper!
9. bis 20. Mai
„Kaleidoskop“
www.haendel-festspiele.de
Tickets: +49 180 65 700 70
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