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N° 1355
27.04. - 04.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Interview · Gefragt

(c) Nikolaj Lund

Felix Klieser

Bekennender Weihnachtsfan

Auf seinem Weihnachtsalbum umschifft der Hornist mit dem Wiener Concert-Verein gekonnt den Kitsch.

Wenn die Blätter sich färben und in den Supermärkten die Zimtsterne und Lebkuchen eintreffen, wird auch der Klassikmarkt geflutet mit hochkalorischer Ware: Die Zeit der Weihnachtsalben bricht an. Der sich erhaben dünkende Teil der Klassik-Klientel nimmt derlei zumeist nicht zur Kenntnis und auch unter den Interpreten-Stars fühlen sich viele nicht zuständig.
Der Hornist Felix Klieser sieht das ganz unverkrampft. Am Telefon outet er sich als williges „Opfer“ aufkommender Weihnachtsstimmung: „Ich gehöre zu den Menschen, die den Winter mehr lieben als den Sommer. Die Atmosphäre dieser Jahreszeit finde ich sehr gemütlich.“
Das Album wurde allerdings im Hochsommer aufgenommen, da musste atmosphärisch schon ein bisschen nachgeholfen werden: „Das war gar nicht so schwierig, ein paar Weihnachtsservietten, Spekulatius und Zimt-Tee, das kriegt man schon hin.“
Die Vorurteile gegenüber dem Genre des Weihnachtsalbums vom Kitschalarm bis zum Vorwurf des Kommerziellen lässt Klieser nicht gelten: „Es ist völlig in Ordnung, wenn Leute das doof finden, der eine mag es, der andere hasst es. Und Kommerz finde ich im Prinzip nichts Schlimmes, ohne Kommerz gibt’s ja gar keine Musik! Warum wird das immer der Musik vorgeworfen und nicht dem Bäcker? Wenn es bei dem die Brötchen umsonst gäbe, wäre der Bäcker ganz schnell verschwunden. Und stilistisch: Manche mögen keinen Barock, manche mögen Mahler nicht und manche mögen eben keine Weihnachtsmusik.“

Mehr zum Thema im RONDO-Podcast „Notenköpfe“

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Allen, die trotzdem Kitsch vermuten, kann man beherzt Entwarnung geben: Es geht sehr kammermusikalisch zu bei „A Golden Christmas“, es sind intime Arrangements, die von Volksliedern wie „Maria durch ein’ Dornwald ging“ über Adaptionen von Arien aus den Weihnachtsoratorien von Bach und Telemann, „Tochter Zion“, aus Händels Oratorium „Judas Maccabäus“ bis zum alten englischen Carol „Deck The Halls“ reichen, ergänzt – natürlich – um das vertraute „Stille Nacht“. Es ist sehr gut gemachte Kammermusik, mit viel musikantischer Lust und Sentiment formuliert, aber niemals sentimental.
„Wir sind ein kleines Ensemble von maximal acht Leuten. Und im Endeffekt ist es nur die Fortsetzung einer Grundidee, die ich schon länger verfolge: Irgendwann hat man als Hornist das Mozart- und die Strauss-Konzerte hunderte Male gespielt. Ich habe mir die Frage gestellt: Was steckt noch drin in meinem Instrument?“
Es liegt in der Natur des Horns, dass die Möglichkeiten nicht unbegrenzt sind, gerade wenn man anspruchsvolle Arien adaptiert wie etwa „Großer Herr und starker König“ aus Bachs „Weihnachtsoratorium“: „Bei Arien ist es oft so, dass man zwei bis vier Minuten am Stück durchspielen muss, was im Hornrepertoire nie vorkommt. Da spielt man zehn, maximal 20 Takte, dann ist Pause, um den Ansatz zu schonen. Dann kommen wieder zehn Takte Solo.“
Kann das Horn singen? „Alle Instrumentalisten wollen singen mit ihrem Instrument und alle Sänger wollen instrumental klingen, das ist ein seltsamer Widerspruch. Ich denke, es geht eher darum, dass man lange Phrasen gestalten und mit Spannung füllen kann.“ Und Felix Klieser kann!

Neu erschienen:

A Golden Christmas

Felix Klieser, Wiener Concert-Verein

Berlin Classics/Edel

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Regine Müller, 09.12.2023, RONDO Ausgabe 6 / 2023



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