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N° 1355
27.04. - 07.05.2024

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am 04.05.2024



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Theodor W. Adorno & Rudolf Kolisch: Briefwechsel 1926-1969

Claudia Maurer Zenck (Hg.)

Ende Oktober war Theodor W. Adorno in seinem amerikanischen Exil Los Angeles völlig aufgebracht. So schrieb er seinem alten Freund Rudolf Kolisch, dass Hanns Eisler ihm berichtet hätte, Anton Webern wäre von dessen Schwiegersohn erschossen wurden. „Hast Du irgendetwas von der Sache gehört?“, so Adorno an Kolisch. Ob er es nun war, der Adorno über die wahre Begebenheit aufklärte (Webern war irrtümlich von einem amerikanischen Soldaten getroffen worden) – alleine dieser Brief des großen Musikphilosophen an den für die zeitgenössische Musik nicht weniger bedeutenden Geiger Rudolf Kolisch lässt erahnen, wie eng sich beide waren – seitdem sie sich 1925 in Wien über den Weg gelaufen waren. In dem Schreiben vom 29. Oktober 1945 schwingt aber auch Adornos Einsamkeit in der Fremde mit, die er mit zahllosen Exilanten teilte. So sehr der jetzt erstmals veröffentlichte Briefwechsel zwischen Adorno und Kolisch die privaten Seiten dieser bis zum Tod von Adorno im August 1969 währenden Freundschaft mit in den Mittelpunkt stellt, so kam gleichermaßen die zeitgenössische Musik zur Sprache. Und da spielte der Schönberg-Kreis allein schon deshalb eine zentrale Rolle, weil Adorno noch bei Berg studiert hatte und Kolisch Schönbergs Schwager war. Darüber hinaus besprechen sie immer wieder ihr nie umgesetztes Projekt der „Theorie der musikalischen Aufführung“. Zwischendurch kann Kolisch berichten, dass etwa Luigi Nono ihm ein Violinkonzert geschickt hat, in dem es 240 verschiedene Spielarten gibt. Nähere Hintergrundinfos auch dazu liefert die Herausgeberin Claudia Maurer Zenck in ihren unglaublich detail- und kenntnisreichen Kommentaren.

Claudia Maurer Zenck (Hg.)

Theodor W. Adorno & Rudolf Kolisch: Briefwechsel 1926-1969

Suhrkamp, 800 S., ISBN 9783518588024, 68,00 €

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Guido Fischer, 23.09.2023, RONDO Ausgabe 4 / 2023



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