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Mentor und Sieger: Rudolf Buchbinder gratuliert Ariel Lanyi zum Prix Serdang 2023 © Thomas Enzeroth

Prix Serdang

Exquisites Klavierspiel im intimen Rahmen

In einer Schweizer Jugendstilvilla wurde im Juni zum zweiten Mal der Preis für den talentierten Klaviernachwuchs vergeben. Preisträger 2023 ist der Pianist Ariel Lanyi.

In Feldbrunnen, das direkt an die hübsche Schweizer Barockstadt Solothurn angrenzt, befindet sich gleich am Ortseingang die Villa Serdang. Der Name wirkt so gar nicht schweizerisch, erinnert eher an das indonesische Nationalgericht Bami Goreng. Mit Indonesien ist man tatsächlich auf der richtigen Spur, denn das prächtige Jugendstilhaus mit dem großen Garten wurde nach der Provinz Serdang benannt, die auf Indonesiens größter Insel Sumatra beheimatet ist. Dort war Friedrich Alfred Lüthy, der Erbauer der Villa, mit einer Tabakplantage zu großem Reichtum gelangt. Im Frühjahr 1890 verließ er Sumatra nach 13 Jahren und kehrte nach Feldbrunnen zurück. Dort förderte er großzügig verschiedene soziale und wissenschaftliche Projekte. So unterstützte er ein Waisenhaus und schenkte dem örtlichen Museum eine große naturwissenschaftliche und ethnografische Sammlung. 1892 ließ er das Haus seines Vaters von den renommierten Zürcher Architekten Alfred Chiodera und Theophil Tschudy zur Villa Serdang umbauen. Er bewohnte sie gemeinsam mit seiner Frau Dora bis zu seinem Tod 1909.
Später wurde die Villa von mehreren Parteien bewohnt. Von 1977 bis 1995 lebte der Ufo-Forscher Erich von Däniken in einem Trakt der Villa, seinerzeit gab sich in Feldbrunnen die Prominenz die Klinke in die Hand. In seinen „Erinnerungen an die Villa Serdang“ erzählt der Bestseller-Autor über einen Spontanbesuch des Deutschrockers Udo Lindenberg: Erst kippte er mit ihm eine Flasche Whisky, dann spielten sie hinterm Haus eine Runde Fußball. Weitere Gäste zu jener Zeit waren die TV-Journalisten Dieter Kronzucker und Gerd Ruge, der Jazzpianist Paul Kuhn sowie jede Menge Astrophysiker und Astronauten, mit denen der nicht unumstrittene Erich von Däniken oft nächtelang hitzig diskutierte.
Springen wir ins Jahr 2011. Schon länger suchte der Unternehmer Adrian Flury eine „Spielwiese fürs Alter“. Mit der Villa Serdang hat er diese offenbar gefunden. Bis 2017 besaß Flury eine Firma für Bahntechnik, danach wollte er sich stärker der Kulturförderung widmen. Ihm schwebte vor, in der Villa Serdang einen „Kultur-Begegnungsort“ zu schaffen. „Der Schwerpunkt liegt dabei auf der klassischen Musik“, betont Flury. „Wir wollen einem Liebhaberpublikum ein einmaliges Erlebnis mit großen Interpretinnen und Interpreten in einem kleinen intimen Rahmen ermöglichen“, erklärt der Mäzen, dabei solle auch „die persönliche Begegnung mit dem Künstler ermöglicht werden.“ Außerdem liegt ihm auch die Nachwuchsförderung sehr am Herzen, deswegen rief er in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Kulturmanager Thomas Pfiffner den „Prix Serdang“ für besonders talentierte Nachwuchspianisten ins Leben. Als Kurator holte er mit Rudolf Buchbinder einen international renommierten Künstler mit ins Boot, der sich dieses Jahr am Vorabend der Preisverleihung selbst mit kraftvollem Beethoven und brillantem Mozart in einem Recital präsentierte.
Der „Prix Serdang“ ist mit 50.000 Schweizer Franken dotiert, an ihn sind keinerlei Bedingungen geknüpft. 2022 wurde er erstmals verliehen, Preisträger war damals der englische Pianist Martin James Bartlett. Für das Jahr 2023 wählte man den israelischen Pianisten Ariel Lanyi aus. Der 25-jährige Künstler hatte bereits 2021 einen dritten Preis beim renommierten Klavierwettbewerb im englischen Leeds gewonnen.
In seiner Laudatio charakterisierte Rudolf Buchbinder Ariel Lanyis Spiel als „präzise, nuanciert und virtuos“, außerdem lobte er „seine Fähigkeit, tief in die Musik einzutauchen und eine Verbindung zu ihr herzustellen.“
Im Preisträgerkonzert überzeugte der junge Pianist mit einer kantablen Interpretation von Liedern aus Hugo Wolfs „Italienischem Liederbuch“, die Ariel Lanyi selbst für Piano solo bearbeitet hatte, außerdem interpretierte er Robert Schumanns „Symphonische Etüden“ mit wunderbar juvenilem Temperament und lyrischem Feinsinn. Für diese hervorragende Darbietung gab es verdientermaßen reichlich Applaus, der israelische Pianist bedankte sich mit einer frühen Beethoven-Bagatelle als Zugabe.

Weitere Infos:
www.prix-serdang.ch/

Mario-Felix Vogt, 01.07.2023, Online-Artikel



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