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Pünktlich zu seinem 60. Todestag erinnert die Deutsche Grammophon demnächst mit einer großen CD-Box an den bedeutenden ungarischen Dirigenten Ferenc Fricsay. Doch schon jetzt hat der Musikwissenschaftler Peter Sühring dank detaillierter Recherche herausgefunden, was weder in dieser Box noch auf irgendwelchen anderen Tonträgern von Fricsay jemals zu hören sein wird. Denn viele seiner Aufnahmen wurden unwiederbringlich gelöscht. Etwa Fricsays Gastspiel beim San Francisco Symphony Orchestra, mit dem er 1953 Arthur Rubinstein beim 2. Klavierkonzert von Brahms begleitete. Oder der Konzertmitschnitt von Bartóks Violakonzert aus dem Jahr 1960 mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin. Zwar war Fricsay in den 15 Jahren seiner internationalen Karriere auch im Aufnahmestudio äußerst produktiv. Doch angesichts dieses strikten Qualitätsanspruchs, den der Opern- und Konzertdirigent an sich hatte, möchte man gar nicht daran denken, was für Klangschätze da verlorengegangen sein mögen. Mit seiner Monografie hat Sühring auch dank des erschlossenen Fricsay-Nachlasses nun ein höchst faktenreiches Porträt eines Dirigenten gezeichnet, der zwar nie den Ruhm etwa seiner ungarischen Kollegen Sir Georg Solti oder George Szell erreichte (was natürlich auch an seiner kurzen Lebensspanne von nicht einmal 50 Jahren lag). Sein Name steht aber für eine glanzvolle Ära, die Fricsay mit seiner Mischung aus Leidenschaft und Präzision auch als Chef des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin prägte. „Es ist wirklich schön, zu leben.“ Mit diesen Worten sollte Fricsay 1960 gegen Ende der Proben von Smetanas „Moldau“ eine Streicherpassage kommentieren. Da war er aber bereits längst schwer erkrankt. 1963 verstarb er.
Guido Fischer, 10.06.2023, RONDO Ausgabe 3 / 2023
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