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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Tonsprache des Atems und Flüsterns: Rebecca Saunders ist das Klangporträt des ACHT BRÜCKEN Festivals Köln gewidmet © Astrid Ackermann

Pasticcio

Mehr Frau wagen

An diesem Wochenende biegt in Köln das Neue Musik-Festival ACHT BRÜCKEN auf die Zielgerade ein. Und Kurzentschlossene können da noch gleich zwei etwas andere Kultstücke der zeitgenössischen Musik erleben. Am Sonntag dirigiert Ingo Metzmacher das aufwändige wie abendfüllende Werk „Les Espaces Acoustiques“ (Akustische Räume) des französischen Spektralisten Gérard Grisey. Am heutigen Samstag führt hingegen das Ensemble Musikfabrik unter Enno Poppe die Raumperformance „Yes“ von Rebecca Saunders auf. Im Mittelpunkt steht der große Monolog der Molly Bloom aus Joyce´ Opus Magnum „Ulisses“, den die Sopranistin Juliet Fraser in eine geheimnisvolle Tonsprache des Ein- und Ausatmens, des Flüsterns übersetzt. Mit „Yes“ klingt zudem das bei ACHT BRÜCKEN obligatorische Klangporträt aus, das in diesem Jahr der Engländerin und Wahl-Berlinerin Saunders gewidmet wurde. Mit ihren Klangexperimenten ist sie nicht nur längst bei sämtlichen wichtigen Festivals zu Hause. Zusammen mit etwa Olga Neuwrith, Kaija Saariaho und Unsuk Chin zählt Saunders zu den meistgespielten, zeitgenössischen Komponistinnen überhaupt. Wie ihre Kolleginnen fühlte sich Saunders aber nie genötigt, besonders die Ellbogen auszufahren oder in einer Szene auf die Quote zu setzen, in der quantitativ die Werke von Komponisten den Ton angeben. Saunders Kompositionen waren und sind bis heute das einzige schlagende Argument, sie aufzuführen.
Beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin (DSO) bewertet man die Frage nach der Präsenz von Komponistinnen etwas nüchterner. Lediglich zwei Prozent aller Werke in Konzerten deutscher Profiorchester stammen von Frauen. Und daher will man in der kommenden Spielzeit Nägel mit Notenköpfen machen, wie man jetzt bei der Präsentation des Saisonprogramms 2023/2024 verkündet hat. So soll es kein Orchesterkonzert ohne mindestens ein Werk einer Komponistin geben. Dazu werden dann solche durchaus prominenten, historischen Persönlichkeiten wie Ethel Smyth und Lili Boulanger gehören – aber auch zeitgenössische wie Charlotte Bray und Helen Grimes.
Ohne solch einen gesellschafts- und kulturpolitischen Zeigefinger spielt man derweil auch am Wochenende beim ACHT BRÜCKEN-Festival wie selbstverständlich weitere Stücke von Komponistinnen. Dazu gehört die Uraufführung „devising it all for company“ der Katalanin Helena Cánovas i Parés, die wie ihre Kollegin Saunders ebenfalls ein großer Fan von Samuel Beckett ist.

Guido Fischer



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