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Es war eine ungewohnte Versuchsanordnung im großen Saal des Wiener Musikvereins. Mit Nikolaus Harnoncourt und Rudolf Buchbinder verbanden sich im Juni zwei musikalische Urgesteine aus sehr unterschiedlichen Formationen. Für ihr prestigeträchtiges Treffen auf dem Gebiet der historischen Aufführungspraxis wählten sie zwei Klavierkonzerte Mozarts, die sich gegenüberstehen wie fremde Planeten. Hier das A-Dur- Werk, eine maßvoll-konventionelle Publikums-Beschwichtigung nach den Herausforderungen der Vorgänger, etwa blass, gäbe es nicht diesen Abgrund in fis-Moll, der in seiner Mitte klafft, dort die thematisch neutralen Marmormassen des großartigen C-Dur-Konzerts KV 503.
Das Ritornell des letzeren habe ich noch nie so bläserschmetternd und kernig gehört – umso einsamer und fragiler erhebt das solistische Individuum seine Stimme. Mir bekannte Aufnahmen auf historischen Instrumenten stellten diesen Kontrast nicht so verstörend heraus. Glaubt man den Rezensenten des Konzertabends, war der gediegene Walter-Nachbau Paul McNultys, auf dem Rudolf Buchbinder zugleich sein Hammerklavier- Debüt auf CD gibt, ab der Saalmitte kaum mehr zu hören. Die Tontechnik sorgt hier für Ausgleich – den ansteckenden Concentus-Furor dämmt sie indes nicht.
Rudolf Buchbinders üblicherweise kraftvoll meisselndes, motorisches Mozart-Spiel scheint den brillanten Ton des modernen Flügels regelrecht zu verlangen. Umso bewunderungswürdiger, wie er sich in das gedecktere Klangbild des Hammerflügels findet, Harnoncourts inspirierter Alterswildheit unterordnet und auf seine zarten Einwürfe wartet, was erwartungsgemäß im A-Dur-Konzert besser gelingt. Diese Aufnahme bietet kein Bild Mozartscher Aufführungsbedingungen, sondern neugierigrisikofreudiges, stellenweise mitreißendes Experimentieren.
Matthias Kornemann, 30.11.1999, RONDO Ausgabe 6 / 2012
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