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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Carlo Farina

Sonate e canzoni

Leila Schayegh, Jörg Halubek, Daniele Caminiti, Jonathan Pešek

Panclassics/Note 1 PC10368
(64 Min., 6/2016)

Die Gattungsbezeichnung „Canzon“ innerhalb der frühbarocken Instrumentalmusik zeugt noch deutlich davon – als sich in jener Zeit die Instrumente von der Vokalmusik emanzipierten und in höchst aufregender Weise nach eigenen Ausdrucksformen strebten, stand die mächtige Vokalmusik Pate: Was auf dem Wege des Nachahmens der Rhetorik an Figuren und Ausdrucksmitteln seit der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert von einer neuen Sängergeneration kultiviert wurde, inspirierte wiederum die Instrumentalisten zu nonverbaler Imitation.
Der Geiger und Komponist Carlo Farina machte seine musikalischen Erfahrungen südlich und nördlich der Alpen: Geboren im Kulturzentrum Mantua, wandte er sich bald nach Dresden, um in Heinrich Schützens Hofkapelle als Konzertmeister zu arbeiten. Die mehr von der Affektenlehre geprägte südalpine und die von der rhetorisch-musikalischen Umsetzung der deutschen Bibelsprache Luthers bestimmte nordalpine Musik machten ihm das gesamte Kaleidoskop der bahnbrechenden stilistischen Novitäten zugänglich, die das frühe 17. Jahrhundert zu bieten hatte.
Leila Schayegh, die sich mit einem großartigen Team der Kammermusik Farinas und einiger Zeitgenossen annimmt, hat sich zusätzlich zu aller profunden Kenntnis des oben beschriebenen Themenfeldes noch mit instrumentalspezifischen Besonderheiten jener Zeit auseinandergesetzt: Die tiefe Geigenhaltung oberhalb der Brust (statt am Schlüsselbein), die konsequente Bespannung mit vier Darmsaiten und eine besondere Bogentechnik geben ihrem Spiel eine Weichheit und Geschmeidigkeit bei gleichzeitig hochsensibler Ansprache auch schnellster Notenwerte, wie sie auch in Kreisen der historisch informierten Spielpraxis nicht selbstverständlich sind. Auf diese Weise lassen sie und ihre Kollegen das präsentierte faszinierende Repertoire ganz aus dem Geist einer seinerzeit revolutionären differenzierten Expressivität erstehen – ein bemerkenswerter engagierter Interpretationsansatz, der mit solcher Entschlossenheit immer noch allzu selten verfolgt wird.

Michael Wersin, 18.03.2017


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