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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Paradise

cvdg projekt

Trouble In The East www.troubleintheeast-records.com
(68 Min., 12/2015 & 3/2016)

Das einleitende „Paradise“ täuscht, denn das „cvdg projekt“ versteht darunter eine einminütige Free-Miniatur. Danach wendet sich das Geschehen zu „At First Glance“, einem neunminütigen Zwitter aus Cool Jazz und Bebop, scheinbar Retro – und doch auch wieder nicht, denn der Pianist und Bandleader Christian von der Goltz sowie seine fünf Gefährten intonieren manchmal etwas rauer, als es eingangs der 1950er Jahre üblich war. Als historisch bestens informierte Musiker kokettiert das Sextett mit dem Sound des Gerry Mulligan Quartet, wobei Rudi Mahall mit der Bassklarinette in die Rolle des Baritonsaxofonisten schlüpft – und sie auch rasch wieder in Richtung von Parker’schen Altsaxofon-Bebop-Licks verlässt: knappe Eindrücke, auf die schon der Name des Stücks verweist. Die meisten Stücke beginnt von der Goltz‘ Sextett wie die Bands der 1950er mit einer mehrstimmigen Bläser-Intro. An diese für den Altsaxofonisten Henrik Walsdorff, den Trompeter Martin Klingeberg und Mahall arrangierte Einleitung reihen sich die Bläsersoli, für die von der Goltz, der Bassist Jan Roder und der Schlagzeuger Kay Lübke ein stabil swingendes Fundament bieten. Souverän kosten die Bläser die Bebop-Licks aus, und Roder nutzt auch mal die Chance zu einem sprunghaften Basssolo, das an Oscar Pettifords Kunstfertigkeit erinnert. Ein bisschen Percussion im Stil der Einleitung von Dizzy Gillespies „Mantecca“, eine Prise Thelonious Monk, ein netter „Congo Sleepwalk“ mit Schlagerbezügen: Wer sich auf die vergnügliche Scheibe einlässt, entdeckt Dutzende von versteckten Anspielungen auf einzelne Passagen der Jazzgeschichte, wobei die sechs meist wunderbar entspannt swingen. Sie hüpfen in eine Bossa Nova, sie nähern sich dem Mainstream und manchmal vergessen sie auch einen Moment, dass sie eigentlich der Jazztradition huldigen und lassen sich unter anderem in „Zucks Delight“ auf kurze Free-Momente ein. Dass sie hin und wieder aus dem historisierenden Konzept abgleiten, sind sich die gestandenen Protagonisten des modernen Jazz wohl schuldig. Außerdem bewahrt es die Hörer davor, in reine Nostalgiegefühle zu verfallen. Dass die Reise in die 1950er nur ein kurzer Ausstieg aus der Gegenwart war, verdeutlicht die abschließende, halbwegs free gestaltete „Paradise II“.

Werner Stiefele, 25.02.2017


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