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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Friedrich Wilhelm Rust

Der Clavierpoet (Sonaten g-Moll, D-Dur, C-Dur, XII Variazioni in A# sopra la Canzonetta: Blühe liebes Veilchen)

Jermaine Sprosse

dhm/Sony Classical 88985369272
(76 Min., 4/2016)

Nanu, was war das? So fragt man sich ohrenreibend nach Anhören dieser CD und lässt sie gleich noch einmal abspielen. Denn so richtig einordnen lassen will sich Friedrich Wilhelm Rust (1739 - 1796) nicht. Merkwürdig ist schon seine Biografie: Als Schüler von gleich zwei Bachsöhnen (Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel) sowie der italienischen Teufelsgeiger Tartini und Pugnani zu höchsten musikalischen Ämtern befähigt, hielt es den geborenen Wörlitzer doch zeitlebens in seiner anhalt-dessauischen Heimat. Und bei der stilistischen Einordnung seiner Musik kommt man leicht ins Schwitzen: Als Missing Link zwischen Haydn und Mozart auf der einen und Beethoven auf der anderen Seite bezeichnete ihn Vincent d'Indy, doch ebensogut kann man seinen virtuosen, von formalen Brüchen und arabesken Abschweifungen geprägten Stil als kühnes Weiterdenken der Musik der ältesten Bachsöhne interpretieren, deren Stil hier an die Grenze der Romantik geführt wird. Unter den Händen von Pianisten, die ihren Stil am herkömmlichen klassischen Repertoire ausgebildet haben, hat diese feingeistig-fantastische Musik wenig Chancen – und so ist es ein Glücksfall, dass sich jetzt ausgerechnet Jermaine Sprosse Rusts angenommen hat. Schon mit seiner Debüt-CD mit Musik der Cembalisten Friedrichs des Großen hat Sprosse bewiesen, dass er einen ausgesprochenen Sinn für die ganz eigene Grammatik der zwischen hochempfindsamer Galanterie und Bachtradition vermittelnden „Berliner Klassik“ besitzt – und genau diesen Hintergrund braucht es, um Rusts abenteuerliche Musik zu begreifen. Auf Hammerflügel und Clavichord, deren Klangmöglichkeiten er vom orchestralen Forte bis zum silberumsponnenen Zitherwispern auslotet, eröffnet uns Sprosse Rusts musikalischen Kosmos, der mit seinen zarten, nachdenklichen Träumereien und emotionalen Gewittern neben dem Besten bestehen kann, was die Epoche hervorgebracht hat.

Carsten Niemann, 14.01.2017


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