Für einen Pianisten ist ein unbegleitetes Soloalbum nach wie vor die Königsdisziplin. Bei dem Mittfünfziger Uwe Oberg entspricht zudem das konzentrierte Format der eigenwilligen persönlichen Klangsprache in idealtypischer Weise. Oberg ist ein Meister der Improvisation, der europäischen Tradition ebeno wie der schwarzamerikanischen. Formstrenge und Lakonik sind bei allem Freiheitsbewusstsein oberste Kategorien in seinem Spiel. Er bezieht sich gerade bei dieser Einspielung explizit auf Thelonious Monk und dessen kristalline Reduktions-Klänge, er spürt der emotionalen Logik eines Charles Mingus nach und verbindet diese in pendelnder Überlappungstechnik mit der abstrakten Schönheit eines Ornette Coleman, ähnlich arbeitet er sich in kühnen Aneignungsprozessen aus eigener Kompositionsperspektive an Motiven eines John Coltrane und Fred Frith ab. Nichts klingt dabei arbiträr effekthascherisch – auch wenn er schon mal dem Flügel in seinem Innern Gamelan-Ton-Reihen entlockt. Bei aller Überraschung bleiben die Klangballungen transparent und entwickeln eine Faszination mit Sogwirkung. Folgerichtige, lineare Bassbegleitungen halten die Hörerfahrung im konstanten Fluss, wo Stride-Momente aufscheinen, ist das stimmig und nie einer Verlegenheit geschuldet. Ein 52 Minuten währender, durchgängig spannender Soloklaviervortrag ganz ohne schwelgerisches Weh und Ach – wenn das kein Wort ist.
Thomas Fitterling, 27.02.2016
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