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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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The Complete Concert By The Sea

Erroll Garner

Columbia/Sony 88875120842
(159 Min., 9/1955)

Das ist Mainstream perfekt. Und Barmusik. Und eingängig. Und kraftvoll. Und melodienreich. So empfanden die Amerikaner 1956 den Live-Mitschnitt des Trios um den Pianisten Erroll Garner vom 19. September 1955 aus dem Sunset Center im kalifornischen Örtchen Carmel. Jedenfalls kauften sie innerhalb eines Jahres 225.000 Langspielplatten – ungeachtet der schlechten Tonqualität der mit einem Mikrofon und einem handelsüblichen Tonbandgerät entstandenen Aufnahme. Die Atmosphäre entschädigte für diesen Mangel tausendfach, so beseelt swingten der Pianist Garner, der Bassist Denzil DeCosta Best und der Schlagzeuger Eddie Calhoun. Als Master of Ceremony kündigt Jimmy Lyons zwar an, Garners Auftritt werde dem Publikum die Schuhe ausziehen – aber wer rechnet schon damit, dass ihn tatsächlich ein derartiges Erlebnis erwartet? Und doch war es so. An diesem Abend stimmte einfach alles: Garners unaufdringliche Brillanz, die intuitive Unterstützung durch die Partner, das dramaturgische Geschick und das Understatement eines von Showgimmicks freien Spiels. Kaum tauchte Garner nach Lyons Worten aus einer wuchtigen Eröffnung in ein beschwingtes „Night and Day“ ein, hatte er die Herzen schon gewonnen. Mit der Ballade „Spring Is Here“ nahm er sich zurück: der Beginn eines zweiundzwanzig Titel umfassenden Wechselbads der Gefühle, das sich – der Abend hatte zwei Sets – auf zwei CDs verteilt. Locker tupft Garner die Töne aus den Tasten, lässt die Melodien perlen, stoppt sie, schickt sie in unerwartete Richtungen, fasst sie in mächtigen Akkordwolken zusammen und lässt die Sonne durch deren Lücken scheinen. Wie er Rhythmen und Harmonien verändert, wie er Melodien variiert, wie er zarteste Töne gegen Powerplay setzt, entlockt den Klassikern völlig neue Facetten und lässt sie unglaublich frisch und lebendig klingen. Als Erinnerungsstück enthält die in übergroßem Format gestaltete Jubiläumsausgabe die Titelauswahl von 1956 sowie wenig aufschlussreiche Interviews mit dem Trio. Bereits in der Kurzfassung zählte das „Concert By The Sea“ zu den bewegendsten Livealben der Jazzgeschichte. Dass nun fast auf den Tag genau 60 Jahre nach dem Konzert der komplette Mitschnitt vorliegt, war überfällig.

Werner Stiefele, 24.10.2015


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