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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Claude Debussy, Reynaldo Hahn

1915

Yaara Tal, Andreas Groethuysen

Sony 88875108322
(65 Min., 1/2015)

Nichts anderes als elegant und gediegen kann man das Spiel des Klavierduos Tal & Groethuysen nennen. Seit jeher gehört die Makellosigkeit des Klangbilds zu den hervorstechenden Eigenschaften des Musizierens dieser perfekt aufeinander eingespielten Partner. Und so könnte man diese CD, die mit wunderbaren „Épigraphes“ von Debussy beginnt und sich mit einer überaus charmanten Walzerfolge Reynaldo Hahns fortsetzt, einfach nur glücklich genießen – wäre da nicht dieses verstörend eigenwillige Stück „En blanc et noir“ von Debussy im Zentrum, das einem die titelgebende Jahreszahl dieser CD mit leuchtenden Lettern vor Augen führt. Debussy hat in diesem Stück neben Motiven aus Wagneropern gut hörbar auch den Luther-Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ verarbeitet. Letzterer steht als ehemaliges Kampflied der Protestanten für ein kriegerisch-aggressives Deutschtum, wie es nicht erst im Weltkrieg 14-18 die Franzosen bedrohte.
Feindschaften zwischen Völkern finden auch auf kultureller Ebene ihren Niederschlag, dort in der Regel weitaus differenzierter und vielschichtiger als im Parlament oder gar auf dem Schlachtfeld. Und so erinnern die Wagner-Zitate im erwähnten Werk freilich auch daran, dass selbst Debussy, der (wie auch auf dieser CD hörbar) mit aller Kreativität nach einem genuin französischen musikalischen Idiom suchte, einstmals Wagnerianer gewesen war. Andererseits spricht die Tatsache, dass die „Marseillaise“ als Kontrastprogramm in dieser Komposition nur in eleganten motivischen Andeutungen hörbar wird, für Debussys Wissen darum, dass diese Melodie gegen Luthers Choral kaum einen Schönheitswettbewerb gewinnen würde …
Allein „En blanc et noir“ ist ein Grund, diese CD zu kaufen und sie mehr als nur oberflächlich anzuhören. Zumal Yaara Tal ihre profunden Erkenntnisse aus der Beschäftigung mit dem Stück auch in einen Aufsatz gefasst hat, auf dessen Internet-Präsenz im Beiheft verwiesen ist. Ein solches Maß an Auseinandersetzung ist vorbildlich und gewinnbringend nicht nur für die Interpreten, sondern auch für die Hörer.

Michael Wersin, 05.09.2015


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