Wiener Symphoniker/Naxos WS007
(59 Min., 6/1967)
Bis zum großen Finale ihrer glanzvollen Laufbahn blieb Gustav Mahler ein treuer Begleiter von Christa Ludwig. Ob die Vokalsätze in Mahlers Sinfonien oder seine großen Lieder-Zyklen – der sehnsüchtig volkstümliche Charme und das verstörende Leidensflackern, das da überall mitschwingt, war schließlich für Ludwigs Gestaltungs- und Stimmkunst wie geschaffen. Zwangsläufig war Ludwig daher bei Mahler-Dirigenten wie Otto Klemperer und Leonard Bernstein erste Wahl. Im Juni 1967 hatte sie aber eher zufällig die Gelegenheit, mit einem vielversprechenden Mahler-Debütanten das „Lied von der Erde“ und damit eines ihrer Paradestücke aufzuführen. Kurzfristig war Carlos Kleiber für den erkrankten Josef Krips am Pult der Wiener Symphoniker eingesprungen und hatte laut Zeitzeugen lediglich vier Probensitzungen für dieses ihm völlig unbekannte Werk. Glücklicherweise war aber neben Ludwig und Tenor Waldemar Kmentt das Orchester mit Mahlers Klangsprache bereits bestens vertraut, so dass am Konzertabend eine reine Mahler-Glücksstunde geboten werden konnte.
Erstaunlicherweise war die damalige Wiener Musikkritik vom Antrittsbesuch des immerhin schon 37-jährigen Kleiber nicht durchweg amused. Dabei hatte er bei seiner ersten und letzten Mahler-Beschäftigung jene wundersame Balance aus Klarheit und Empfindsamkeit, aus Kontrolle und Natürlichkeit geschaffen, wie sie etwa bei seinen Wagner-Erkundungen zu bestaunen war. Kleiber vereinte damit im Grunde zwei Mahler-Bilder, Bernsteins Pathos mit Boulez´ Clarté. Und was an Kleiber für ein Fin de siècle- und Zweite Wiener Schule-Dirigent verloren gegangen ist, beweist er im kammermusikalisch durchleuchteten und trotzdem so weiträumig funkelnden Lied „Von der Jugend“. Nachdem dieser Live-Mitschnitt bisher ausschließlich über dunkle Kanäle zu bekommen war, liegt er jetzt ganz offiziell und natürlich remastered vor. Und man ist gebannt wie überwältigt.
Guido Fischer, 06.12.2014
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