Die Scheibe offeriert nichts Neues: Alle Stücke, die Fazıl Say hier präsentiert, sind unzählige Male aufgeführt worden, viele davon gehören zu den Highlights seiner Konzerte. Dennoch zeigt die Einspielung einen neuen Say, nämlich die „Klaviermusik eines Pianisten“ – wie er sie selbst nennt –, der in unzähligen und sehr unterschiedlichen Welten zu Hause ist. Es gibt wohl kaum einen zweiten Künstler, der anatolische Volkslieder, klassischen amerikanischen Jazz und musikphilosophische Gedanken auf einer einzigen CD zusammenbringen kann. Darüber hinaus zeigt „Say Plays Say“ jedoch all das, was seine Fans seit langem schätzen und was ihn zu einem herausragenden Künstler der gegenwärtigen europäischen Musikkultur macht: seine tiefe Verbindung, ja Verwurzelung in und mit dem Klavier, die seine Jazzstücke zu einer wahren Hörfreude machen, und die auch auskomponierten Stücken wie etwa „Black Earth“ den Gestus des Improvisierten geben. Dazu kommt die unglaubliche Prägnanz im Spiel Says. Die neuesten seiner Stücke sind dabei nicht unbedingt die besten. Mit „Nietzsche und Wagner“ legt der türkische Künstler Werke über zwei Größen des 19. Jahrhunderts vor. Und hier spürt man nun doch, dass ihm diese Themen nicht so nahe sind wie etwa Paganinis Capricen. Natürlich kann man die beiden Stücke als Porträts eines Außenstehenden hören, und so möglicherweise neue Aspekte über den Denker und den Komponisten gewinnen; der mitreißende Zugang, der seine weiteren Werke auszeichnet, fehlt dennoch.

Mirjam Schadendorf, 25.10.2014

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