Der 39-jährige Pianist Alon Nechushtan stammt ursprünglich aus Tel Aviv. Um die Jahrtausendwende kam er in die USA und seit 2003 lebt er in New York. Er gehört also zu den Musikern, die schon mit einem starken Bewusstsein um die eigenen musikalischen Wurzeln in den Big Apple kamen und dort amerikanisch vitalisierten Formen ihrer Musiktradition begegneten und sie weiterentwickelten. Nechushtan betont seine Affinität zu Klezmer und osteuropäischer Musik, gleichzeitig zeichnet ihn ein Hunger auf Abenteuer mit all den vielfältigen Formen des neueren, Post Bop orientierten Jazz aus.
Sein neuestes Album ist ein Bekenntnis zu dieser lebendigen Vielfalt. Mit einem Quartett hat er ein Programm aus neun in harmonisch-melodischer und rhythmischer Struktur eigenwilligen und zündenden Eigenkompositionen eingespielt. Der in den Themen vorgegebene Impetus ist jeweils im druckvollen, eng verzahnten Zusammenspiel von Chris Lightcap am Kontrabass und Adam Cruz am Schlagzeug in seiner Konturiertheit allgegenwärtig. Die Saxofonisten, Donny McCaslin auf vier Tracks und John Ellis auf fünfen, können virtuos darauf surfen und beeindrucken auf dem Tenorinstrument mit einer eher Altsaxofon-typischen Behändigkeit. Nechushtan jongliert mit Raum und Zeit, setzt kantige Akkorde gegen kurz überbordende Läufe verfremdeter Skalen. Auf zwei Titeln setzt Trompeter Duane Eubanks mit metallischer Strahlkraft kräftige Akzente, zwei weitere Titel profitieren von der Farbigkeit eines Perkussionisten bzw. eines Oud-Spielers. Ungeheure Kopfarbeit muss in dieser Musik stecken, und doch merkt man ihr das nicht im Geringsten unangenehm an, so unmittelbar findet sie den Weg in die Beine und ins Herz.

Thomas Fitterling, 30.08.2014

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