Hyperion/Note 1 CDA68007
(77 Min., 4/2013)
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WHLive/harmonia mundi 0065
(59 Min., 2/2013)
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Nachwuchsprobleme unter den männlichen Hochtönern gab es in dem Land nie, in dem einst von Alfred Deller die moderne Countertenor-Epoche eingeläutet wurde. Trotzdem musste man in England lange warten, bis endlich wieder ein Sänger vom Schlage Iestyn Davies auf der Bildfläche auftauchen sollte. Obwohl Davies mit seinen 34 Jahren schon auf eine beachtliche internationale Barockopernkarriere zurückblicken kann, hat doch erst in den letzten Jahren sein Ruhmesstern die rechte Politur bekommen. Was umso erstaunlicher ist, wenn man sich nur mal auf die beiden aktuellen Visitenkarten dieses Stimm- und Gestaltungswunderknaben einlässt. In seiner Kultiviertheit, Reinheit, Wärme, Natürlichkeit und Nuanciertheit ähnelt Iestyn Davies am ehesten seinem deutschen Kollegen Andreas Scholl. Und auch die hohe Kunst, in die ungeahnten Weiten und Tiefen im klassisch englischen Alte Musik-Repertoire ganz sanft und zart einzutauchen, um die Greatest Hits von John Dowland und Henry Purcell ganz vorsichtig, wie zerbrechliche Edelsteine zu behandeln, beherrscht Davies bis zur Vollendung.
Mit gleich zwei Recitals gibt er sich nun also die Ehre. „The Art Of Melancholy“ ist das reine John Dowland-Programm betitelt, bei dem Davies mit dem englischen Lautenisten Thomas Dunford eine innige Gemeinschaft bildet, die man in dieser Güteklasse zuletzt nur vom Duo Peter Pears/Julian Bream oder eben von Andreas Scholl/Julian Beth geboten bekommen hat. Und selbst wenn inzwischen all die Dowland-Songs von „I Saw My Lady Weep“ bis hin zu „Come, Heavy Sleep“ geradezu inflationär rauf- und runtergebetet werden, zeigt doch erst Davies, wie sie klingen und atmen müssen, um zu berühren.
In ähnliche Welten lockt der Live-Mitschnitt „Arise, My Muse“, der Anfang 2013 in der Londoner Wigmore Hall entstanden ist. Zusammen mit einem achtköpfigen, von Cembalist Richard Egarr angeführten Consort lädt Davies zu einer Feier von Purcell und Zeitgenossen wie Jeremiah Clarke, John Blow und William Croft ein. Und wie dunkel hier oder da immer auch die besungenen Seelenkammern sein mögen – Iestyn Davies weiß sie einfach göttlich zu illuminieren.
Guido Fischer, 02.08.2014
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