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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Erkki-Sven Tüür

Sinfonie Nr. 7, Klavierkonzert

Laura Mikkola, hr-Sinfonieorchester, Chor des NDR, Paavo Järvi

ECM/Universal 4810675
(63 Min., 6/2009, 6/2010)

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind die Musiklandschaften des ehemaligen Imperiums regelrecht aufgeblüht. Ob in Georgien, in der Ukraine oder gerade im Baltikum – überall wachsen neue Komponisten- und Interpretentalente heran. Und besonders Estland, dieser nördlichste und kleinste Flecken unter den drei baltischen Staaten, macht seit seiner zurückgewonnenen Souveränität 1991 international von sich reden. Unter den Komponisten gilt aber schon lange nicht mehr nur der eher introvertierte Altmeister Arvo Pärt als der Klang-Botschafter seines Landes, sondern auch Erkki-Sven Tüür. Die Musik des 55-Jährigen ist aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Wenngleich Tüür ein ausgeprägtes Gespür fürs Elegische besitzt, gibt er zugleich seine Erfahrungen aus der Rock-Musik preis. Dennoch ist postmodern schnelle Leichtig- und Eingängigkeit nicht seine Sache. Vielmehr sorgt er mit angespannten Fäden zwischen Tonalität und Atonalität für Klangkörper, die kraftstrotzend archaisch, rhythmisch vertrackt und ungemein packend daherkommen.
Diese Charakterzüge besitzen auch die beiden, von Tüürs Landsmann Paavo Järvi dirigierten Orchesterwerke. 2006 schrieb Tüür ein dreisätziges Klavierkonzert, das von prismatisch geheimnisvollem Glitzern bis zur großen Attacke und Pranke einen faszinierenden Ausdrucksradius abdeckt (mit der nötigen Wendigkeit wird der Solopart glänzend von der Finnin Laura Mikkola umgesetzt). Die drei Jahre später komponierte 7. Sinfonie trägt den Titel „Pietas“ und kombiniert für Chor vertonte Textpassagen und Zitate von Augustinus, Gandhi, Mutter Theresa sowie Jimi Hendrix! Und obwohl das gesamte Werk gleich noch dem Dalai Lama gewidmet ist, befindet man sich hier vier Sätze lang zum Glück nicht in einer Dauermeditation über das zentrale Thema „Liebe“. Dafür setzt Tüür die Sinfonie radikal unter Hochspannung – mit dämonischen Stauchungsprozessen, mit einer an Olivier Messiaen angelehnten funkelnden Chromatik sowie heftigen Wirbeln und Ausschlägen am Rock-Schlagzeug.

Guido Fischer, 10.05.2014


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