Shai Maestro ist ungeachtet seiner 26 Jahre längst kein Unbekannter mehr: Es liegt an seiner mehrjährigen Zusammenarbeit mit Avishai Cohen, der den Pianisten noch vor dessen Volljährigkeit in seine Band nahm. Die Einflüsse Cohens sind auch auf „The Road To Ithaca“ unüberhörbar: Die melodischen Arabesken, mit denen Maestro das Klavierthema beispielsweise in der Auftaktnummer „Gal“ verziert, die gleichzeitig komplexen und luftigen rhythmischen Verschachtelungen (etwa in „Vertigo“) sowie die halsbrecherischen Klavier-Bass-Unisoni wie in „Paradox“ könnten so auch von dem Spiritus Rector der israelischen Jazzszene stammen.
Bei „The Road To Ithaca“ handelt es sich aber auch um eine Unabhängigkeitserklärung des Pianisten von seinem Mentor. Ähnlich wie Odysseus, auf den der CD-Titel anspielt, befindet sich Maestro mit seinen Gefährten Ziv Ravitz an den Drums und Jorge Roeder am Bass auf der Suche nach einer neuen Heimat. Tastend und vorsichtig nimmt sich diese Recherche aus; nicht selten lässt Maestros Trio die Stücke impressionistisch zerfließen.
Man ist halt an vielen Orten zuhause: bei Keith Jarrett (regelmäßig feuert sich der mitsingende Maestro bei seinen Soli an wie der sensible Kollege aus den USA), im europäischen Kino („Cinema G“ könnte auch der Soundtrack eines leichtherzigen französischen Films sein) oder in der Weltmusik (die Sängerin Neli Andreeva beendet mit einer bulgarischen Weise die Aufnahme). Ein zweifellos spannender, stellenweise betörender Trip, dem ein bisschen mehr gestalterischer Plan gut getan hätte. Aber der Reiseleiter ist ja noch sehr jung.
Josef Engels, 18.01.2014
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