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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Heinrich Schütz

Kleine geistliche Konzerte I

Dorothee Mields, Ulrike Hofbauer, David Erler, Georg Poplutz, Andreas Wolf, Stefan Maass, Matthias Müller, Ludger Rémy

Carus/Note 1 CAR83254
(71 Min., 9/2012)

Komponieren zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges: Was es bedeutet, dem katastrophenbedingten massiven Schwund an Sängern und Instrumentalisten als Hofkapellmeister mit kompositorischen Maßnahmen gerecht werden zu müssen, vermag man sich kaum vorzustellen. Heinrich Schütz hatte in Dresden mit diesem Problem zu kämpfen – seine künstlerische Antwort waren u.a. 1636 die „Kleinen geistlichen Konzerte“, die mit einer Besetzung von einem bis fünf Gesangssolisten plus Continuo-Instrumentarium auskommen. Weit weg ist hier die überwältigende klangliche Prachtentfaltung der „Psalmen Davids“, weit weg auch die instrumentale Vielfalt der „Sinfoniae sacrae“. Ungebrochen ist jedoch die rhetorische Kraft der Musik: Schütz hatte seine musikalische Rhetorik zu solcher Vollkommenheit entwickelt, dass er gerade in der kleinen, intimen Besetzung die Bibeltexte mit einem Höchstmaß an Plastizität vermitteln konnte. Seine musikalischen Motive haben die Ausdruckskraft von Gesten, die nicht nur den Sprechduktus als solchen abzubilden, sondern auch einzelne Begriffe des Textes zu versinnbildlichen vermögen.
Diese Eigenschaften für den Hörer des 21. Jahrhunderts noch einmal ganz frisch zum Erlebnis zu machen, ist die schwierige Aufgabe einer modernen Neueinspielung im Geist der historisierenden Aufführungspraxis. Dem renommierten Ensemble auf dieser CD gelang dies recht überzeugend: Man spürt allenthalben die Begeisterung der Sängerinnen und Sänger sowie ihren Willen, Schütz‘ einzigartige Kunst erfahrbar zu machen. Freilich bleibt dies heute, fast vierhundert Jahre nach der Entstehung der „Kleinen geistlichen Konzerte“, zwangsläufig ein wenig artifiziell: Die Bibeltexte sind inhaltlich wie sprachlich (Luther-Übersetzung) vielen Hörern fremd, die Tonsprache ist es trotz breiter Präsenz der Alten Musik letztendlich auch. Daher ist es nicht leicht, mit einer solchen CD ein Publikum jenseits der Kenner- und Spezialistenkreise zu erreichen. Wir hoffen sehr, dass die Interpretationsleistung der Künstler auch über diesen engen Zirkel hinaus bekannt wird – die Musik von Schütz zählt immerhin zu den Spitzenleistungen des Kulturschaffens im deutschsprachigen Raum.

Michael Wersin, 03.08.2013


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