Sony 887254 23112
(65 Min., 2/2012)
Die sinnliche Klangschönheit der Musik Vaughan Williams‘, einem Zeitgenossen Schönbergs, war der Avantgarde ein Stachel im Fleisch, schon seit seiner pompösen, britisch-nationalen ersten Sinfonie, der „Sea Symphony“. Auch die hier aufgenommene Sinfonie Nr. 5 D-Dur atmet den melancholischen Zauber der berühmten „Fantasia On A Theme By Thomas Tallis“ in einem weit ausladenden Englischhornsolo, das durch die streicherbetonten Choräle bricht, wie Sonnenstrahlen durch den englischen Septembernebel.
Eine der kompositorischen Nüsse, die Vaughan Williams zu knacken versuchte, war der Umgang mit der Verunsicherung, biografisch gestützt durch die Verluste zweier Weltkriege. Musikalisch spielte er raffiniert mit der Auflösung des tonalen Zentrums, der Grundtonart, was sich aufgrund seines zugänglichen Stils nur allzu leicht überhören lässt. Die Experimente mit den alten Tonarten und Melodiebildungen der Renaissance sind ebenso Suche nach Rückhalt in der Tradition wie das Einflechten der rhythmisch pointierten, „unverbildeten“ Shanties der Matrosen. Wer mit diesen Ohren hört, kann eine überraschende Nähe zu Vaughan Williams‘ Schüler Benjamin Britten entdecken – oder einfach einen der schmerzlich-schönsten langsamen Sätze des 20. Jahrhunderts.
Das Musikkollegium Winterthur unter Douglas Boyd entfaltet den wehmütigen Schimmer der Sinfonie ebenso gekonnt, wie es sich den rhythmischen Ansprüchen des Klavierdoppelkonzerts stellt. Hier überlässt es die Bühne aber bereitwillig dem Klavierduo Tal & Groethuysen, das technisch und musikalisch engagiert eine Lanze bricht für dieses impulsive, ziemlich perkussive Konzert. Eine Repertoirebereicherung!
Carsten Hinrichs, 15.09.2012
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