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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Die dunkle Ungewissheit über das "Woher" und "Wohin" der Gestalten in Debussys "Pelléas et Mélisande" nach Maeterlinck ergänzt Regisseur Sven-Eric Bechtolf in seiner Zürcher Produktion noch um die partielle Invalidität der Figuren: Jede von ihnen existiert zusätzlich als Puppe, die entsprechend unbeteiligt herumliegt oder im Rollstuhl sitzt; als solche ist sie Dialogpartner ihres lebendigen Gegenübers, das mitunter selbst als Puppendoppelgänger dem lebendigen Pendant seines toten Gesprächspartners gegenübersteht - ein beklemmendes Symbol für Entfremdung, für Unfähigkeit zu echtem Austausch. Das Ganze findet statt in einer kargen Landschaft - große grau-weiße, senkrecht geriffelte Zylinder bestimmen das Bühnenbild -, die in Schnee gehüllt ist. Schnee hält Mélisande auch in den Händen, als sie von Blumen spricht.
Sängerisch kann man die solchermaßen durch eine kalte Welt irrende Sängerbesetzung als durchwachsen bezeichnen: Französische Stimmen jener Art, wie sie die historischen Einspielungen der Oper faszinierenderweise geprägt haben, gibt es eigentlich nicht. Rodney Gilfry meistert die hohe Lage der Pelléas-Partie recht gut, aber um den Preis häufiger nasaler Klänge in der Höhe und einiger Übergangsunebenheiten. Beeindruckend profund, dunkel und kernig, aber manchmal unsauber Laszló Polgár als Arkel, etwas bieder Cornelia Kallisch als Geneviève; nicht ganz auf der Höhe auch Isabel Rey als Mélisande. Der Zauber der erwähnten historischen Einspielungen etwa unter Désormière, Cluytens oder, besonders in orchestraler Hinsicht, unter Inghelbrecht will sich hier nicht so recht einstellen - vielleicht auch daher, weil Franz Welser-Möst zu wenig mit der Partitur zu zaubern versteht. Bei interessanter Regieidee also ein nicht ganz überzeugendes musikalisches Erlebnis.

Michael Wersin, 01.09.2007


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