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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Endlich gibt es sie wieder bei EMI, diese 1941 in Paris produzierte Meister-Einspielung von Debussys "Pelléas et Mélisande": Nachdem sie 1990 zunächst in der französischen EMI-Serie "Références" wiedererschienen war, verschwand sie für viele Jahre vom Markt und konnte zwischenzeitlich nur im Rahmen einer teuren Andante-Box oder in spärlich ausgestatteten Versionen einiger Billig-Labels erworben werden. Welch vernünftige Entscheidung der englischen Programm-Macher von EMI, diese Perle des Archivs nun wieder im eigenen Haus verfügbar zu machen - auf soviel Weisheit, man muss es leider sagen, hatte mein bei diesen Weltmeistern im Streichen interessanter Titel gar nicht mehr gehofft.
      Irène Joachim, eine Enkelin Joseph Joachims, hat die Partie der Mélisande noch mit Mary Garden (der Sängerin der Uraufführung) und vor allem mit dem "originalen" Korrepetitor Georges Viseur erarbeitet. Nachdem von Mary Garden selbst nur ein winziger Ausschnitt aus der Partie mit Debussy selbst am Klavier überliefert ist (er ist in dieser Box enthalten), repräsentiert Joachims ungemein atmosphärische Interpretation der Rolle in überzeugender Weise jene ursprüngliche Sichtweise der Mélisande als unverwandtes, geheimnisvolles und hinsichtlich ihrer Emotionen und Begierden schwer durchschaubares Geschöpf (mittlerweile hat man es ja auch schon mit ganz anderen Charakterisierungen der Figur versucht). Ihr unglücklicher Liebhaber Pelléas wird von dem unvergleichlichen Jacques Jansen verkörpert, der soeben an der Opéra comique debütiert hatte und die Rolle danach 32 Jahre lang singen sollte - auch sein lyrischer, weicher Pelléas sollte Geschichte machten. Jansen ist übrigens auch, stimmlich nicht mehr so frisch wie hier, in Cluytens' Produktion von 1956 (Testament) an der Seite von Victoria de los Angeles zu hören. Unnachahmlich außerdem der raue, scheinbar immer untergründig erregte bis zornige Golaud Henri-Bertrand Etcheverry - kurzum: Eine höchst prägnante Einspielung, deren verhangen-unheilschwangerer Tonfall den Hörer augenblicklich in den Bann zieht. Hierzu trägt besonders auch Roger Désormières überaus kompetentes Dirigat bei - wenn er auch nicht über einen so brillanten Orchesterapparat verfügen konnte wie später der Debussy-Adept Désirée-Émile Inghelbrecht, dem 1962 mit dem Orchestre National auf instrumentaler Ebene die vielleicht eindrucksvollste Einspielung gelang (Naïve/harmonia mundi, auch sie übrigens wieder mit Jansen als Pelléas). Freuen wir uns also einmal mehr über diesen Meilenstein der Schallplatten-Geschichte, der uns ein faszinierendes Werk so nahe wie nur irgend möglich zu bringen vermag!

01.09.2007


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