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N° 1297
18. - 24.03.2023

nächste Aktualisierung
am 25.03.2023



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Rio

Keith Jarrett

ECM/Universal 2776645
(90 Min., 4/2011) 2 CDs

Mit Wucht und harten, abgehackten Figuren legte Keith Jarrett am 9. April 2011 im Theatro Municipal von Rio de Janeiro los. Nach etwas mehr als vier Minuten wandte er sich von dieser Härte ab, kam ins Schwelgen und beendete die erste von fünfzehn namenlosen Improvisationen mit kürzelhaften Klangtupfern: ein Einstieg, der noch alles offen ließ. So zart und facettenreich, wie er die folgende Ballade anging, deutete es sich schon an: Dieser Abend könnte etwas Besonderes werden. So war es denn auch. Im Part III entwickelte er aus den tiefen Lagen machtvolle Grooves, und nun folgte ein Wechselbad der Stimmungen und Gefühle, das sich – der Konzertlänge von mehr als neunzig Minuten geschuldet – über zwei CDs erstreckt. Er landete bei magischen Ostinati, fand zur imaginären Spiritualseligkeit, träumte mit behaglichen Melodien und weckte Assoziationen an karibische und südamerikanische Rhythmen. Andererseits weiß er genau, wann er Gefahr läuft, ins Gefällige abzurutschen, und so antwortete er auf den lyrischen Part IX mit einem verschlungenen Part X – ein wohl kalkulierter, sinnvoller Bruch in dem Strom der Glückseligkeit. Mit einem heiteren Blues ging er danach noch näher auf sein Publikum zu – so volkstümlich hat er schon seit Jahrzehnten nicht mehr öffentlich in die Tasten gegriffen. Als hätte ihm an diesem Abend der Schalk im Nacken gesessen, ließ er eine mystische Ballade folgen ‒ der nächste Kontrast. Eine besinnliche Meditation, ein Calypsoabkömmling und ein versonnenes Finale krönten eines der überraschendsten Jarrett-Konzerte der letzten Jahre. Es ist, als ging dem Pianisten das Herz über. Dass eine Platte derart überwältigende Glücksgefühle nachempfindbar macht, ist selten. Dafür ein herzliches Dankeschön an Keith Jarrett.

Werner Stiefele, 03.12.2011



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