Audite/Edel 1095619ADT
(49 Min., 11/1960)
Es tauchen immer wieder Wunderlich-Trouvaillen auf, mitunter sogar gehäuft, wie momentan, wo neben einem verloren geglaubten "Lied von der Erde" aus dem Wiener Musikverein fast zeitgleich auch ein HR-Mitschnitt von Igor Strawinskis wenig bekanntem Melodram "Perséphone" veröffentlicht wird. Das 1934 unter der Leitung des Komponisten in Paris uraufgeführte Werk auf einen Text von André Gide wirkt trotz des Einsatzes von Chor und Orchester fast kammermusikalisch, es ist frei von Dissonanzen und erweist sich als ungewöhnlich lyrisch, geradezu 'entspannt'. Der designierte Chefdirigent des Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks, Dean Dixon, hatte "Perséphone" (in deutscher Fassung) im November 1960 aufs Programm gesetzt und damit gleich einen ersten überzeugenden Akzent für seine immerhin 13 Jahre währende Tätigkeit in Frankfurt gesetzt.
Die Titelrolle ist für eine Schauspielerin konzipiert – hier wird sie von der exzellenten Sprechkünstlerin Doris Schade gestaltet, die damals noch zum Ensemble des Frankfurter Schauspielhauses gehörte –, der eigentliche 'Erzähler' hingegen, der Priester Eumolpius, ist eine dankbare Tenorpartie. Auch wenn man Fritz Wunderlich vielleicht nicht auf Anhieb mit Strawinski assoziiert, hat er doch dessen "Oedipus Rex" mehrfach gesungen und sich auch sonst immer wieder zeitgenössischer Werke angenommen. Mit seiner vorbildlichen Textverständlichkeit, der perfekten Phrasierung und der für ihn selbstverständlichen vokalen wie gestalterischen Natürlichkeit überzeugt er auch an diesem Abend auf ganzer Linie. Eumolpius bedeutet "der schön Singende" – wie wahr!
Michael Blümke, 16.04.2011
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