Satchmo wurde 1901, nicht 1900 geboren. Dennoch schenkt uns sein vermeintliches Jubiläum eine Fülle lang ersehnter Wiederveröffentlichungen. Schon drei Töne aus seiner Trompete, von ihm meist so gewählt, dass sie als einzige mögliche Wahl erscheinen, und mit so viel Inbrunst gespielt, als gelte es Tote aufzuwecken, rechtfertigen den Kauf jeder Armstrong-CD. Und das gilt auch für Armstrongs vielgeschmähtes Spätwerk und ein Album wie dieses, das "kein Muss" ist.
"I Love Jazz!" ist eine kunterbunte Zusammenstellung einst bei Decca erschienener All-Star-Aufnahmen: Was sie interessant macht, ist der gelungene Überblick über Armstrongs breitgefächertes Spektrum: alte New-Orleans-Edelsteine von Morton & Co, Balladen, damalige Hits, gar ein russisches und ein afrikanisches Lied. Was sie vollends hörenswert macht, ist die Möglichkeit, Armstrongs verschiedene All-Stars-Besetzungen der Jahre 1950-1958, etwa die Posaunisten Jack Teagarden und Trummy Young, die Pianisten Earl Hines und Billy Kyle oder die Klarinettisten Barney Bigard, Edmond Hall und Peanuts Hucko zu vergleichen.
Der "Twelfth Street Rag" war in Armstrongs Version von 1927 ein liebevoll-ironischer Blick auf die schon damals altertümlich anmutenden Formeln des Ragtime. Diese skurrile, absichtsvoll zickige Version von 1950 schlägt mit ihrem Witz selbst jene berühmte auf "Ambassador Satch". Ungewöhnlich ist auch eine trauermarschartige Deutung von "Tenderly". Der von Armstrong und einer Big Band mit viel Drive und leicht exotischem Touch gebotene südafrikanische Song "Skokiaan" bietet, wenn man so will, Proto-Ethno-Jazz. Leider wurde hier nur die erste Hälfte der Aufnahme, die urspünglich zwei Schellack-Seiten umfasste, wiederveröffentlicht - ein Fehler, der sich seltsamerweise auch auf anderen Wiederveröffenlichungen findet. Warum nur?

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007

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