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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



“Was mich am meisten interessiert, ist, das Menschenherz zu erreichen, zu berühren“, sagt der italoamerikanische Komponist Gian Carlo Menotti im ORF-Interview anlässlich der Fernsehpremiere des "Konsul". Menotti hatte die Oper, für die er den Pulitzer-Preis gewann, Anfang der Fünfzigerjahre geschaffen; 1963 produzierte das österreichische Fernsehen das Werk in einer deutschen Übersetzung im Studio. Die oben zitierte hauptsächliche Intention Menottis findet auch der heutige Hörer dieser Produktion noch eindrucksvoll verwirklicht: Die Verzweiflung einer jungen Frau, die durch unmenschlichen Bürokratismus in einem totalitären Regime schließlich in den Selbstmord getrieben wird, trifft in einer der bedrückendsten Szenen dieses Films voll in Herz. Dies ist vor allem der eindrucksvollen Gesangs- und Darstellungskunst der Sopranistin Melitta Muszely zu verdanken, freilich aber auch der im besten Sinne anpassungsfähigen und wandlungsfreudigen Musik Menottis. Einst wurde dessen Stil vor allem in Deutschland als zu wenig fortschrittlich und modern gebrandmarkt. Heute hingegen weiß man auch wieder solche Bühnenmusik des 20. Jahrhunderts zu würdigen, die sich nicht durch schrillen Dissonanzreichtum und Schockeffekte permanent in den Vordergrund drängt, sondern einfach mit angemessener Emotionalität ein passendes Format für einen starken Text bieten will.
Neben Melitta Muszely brillieren der junge Eberhard Waechter als von der Geheimpolizei verfolgter Ehemann und Res Fischer als dessen Mutter. Außerdem begegnet uns Ljuba Welitsch, schon hörbar nicht mehr im Besitz ihrer einst so einzigartigen Stimme, aber dennoch als um ihre in Not geratene Tochter hochbesorgte italienische Frau ganz in ihrem Element. Gloria Lane ist als herzlose, stets besonnenbrillte Sekretärin ebenso großartig wie László Szemere als umtriebiger Zauberer – auch er muss am Ende im Vorzimmer des Konsuls resigniert aufgeben, aber wenigstens verschafft er den anderen Wartenden durch Hypnose eine kurze Zeit der seligen Selbstvergessenheit … Eine wahrhaft sehenswerte, bewegende Produktion.

Michael Wersin, 16.10.2010


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