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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Johann Sebastian Bach

Sonaten und Partiten für Violine solo

Sergey Khachatryan

naïve/Indigo 951062
(153 Min., 12/2008 u. 1/2009) 2 CDs

Kann man dieses Unterfangen anders als kühn nennen? Die meisten Geiger lassen eine halbe Ewigkeit (und manchmal sogar ein ganzes Leben) ins Land ziehen, bevor sie sich (zu)trauen, das Alte Testament der Violin-Weltliteratur auf Platte zu bannen. Nicht so Sergey Khachatryan. Nach eingehender (und vielversprechender) Beschäftigung mit den Violinkonzerten von Sibelius und Schostakowitsch ist der gerade 25-Jährige das Wagnis eingegangen, Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo aufzunehmen. Was man nach wenigen Minuten spürt, wird nach Anhörung des Ganzen zur Gewissheit: Dieser phänomenale armenische Geiger besitzt alle Eigenschaften, die nötig sind, um das Buch der Bücher für sein Instrument "vorzulesen". Und er besitzt sie in Hülle wie Fülle. Er hat einen weittragenden, im Pianissimo wie im Forte eloquenten, eindringlichen und beileibe nicht nur schönen, ausgewogenen Ton. Denn dieser Ton, der sanft sein kann wie ein leiser Windhauch, erscheint mitunter extrem spitzkantig phrasiert und artikuliert, man denke nur an die Fuga der c-Moll-Sonate. Dem Postulat einer streng ausformulierten, affektgeladenen Klangrede entspricht das nahezu vollkommen, verweist es doch Gedanken an eine spirituelle Überhöhung ins Reich der esoterischen Fantasie. Zudem verfügt Khachatryan über die Gabe, einen weiten Bogen zu spannen: Die Ciaconna aus der Partita Nr. 2 in d-Moll mag als ein prominentes Beispiel dienen: Er deutet sie mit scharfzüngigem Klangbild als ein Werk, das sich dramatisch aufwirft, ohne aber die ihm innewohnenden polyfonen Feinheiten zu negieren. Das Wesentlichste aber: Sein nachdrückliches Spiel verfügt über einen Tiefgang, der seinesgleichen sucht. Da gibt es, wie etwa zu Beginn der Allemande der h-Moll-Partita, Momente von unsterblicher Magie, Momente völliger Versenkung, und dann wieder ein melodisches, aber dabei kratzbürstiges Auflehnen, das jede Kontemplation unmöglich macht. Das alles ist in seiner Art so insistierend, so zudringlich, so massiert, dass dem Hörer nichts Anderes bleibt, als sich dem Interpreten auszuliefern. Einziges Manko, wenn man es als solches empfinden will, ist sein (des Interpreten) deutlich zu vernehmendes Schnaufen. Was aber wiederum nur die gespannte Intensität seines Tuns bekundet.

Jürgen Otten, 09.10.2010


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