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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Michael Praetorius, Johann Sebastian Bach

PraeBACHtorius – Choralbearbeitungen

Paul Van Nevel, Huelgas Ensemble

DHM/Sony Music 88697 57987-2
(62 Min., 7/2009)

Der Aufmacher ist, na ja, etwas gewollt. Dass Praetorius (eigentlich Schultheiß, gemeint ist natürlich der berühmte Michael) vor Bach wirkte, gut 100 Jahre, das konnte man auch ohne den CD-Titel "PraeBACHtorius" schon wissen. (Für alle Nichtlateiner unter den Gebildeten und ihren Verächtern: lat. prae = vor, voraus). Da klingt Paul Van Nevels Erläuterung, er wolle die Evolution der lebendigen deutschen Choraltradition hörbar machen, schon schlüssiger. Vollends spricht das Konzept des flämischen Alte-Musik-Spezialisten für sich: Acht Kirchenlieder Martin Luthers (und drei weiterer Reformationsmitstreiter) sind zu hören in 34 Choralvertonungen jener beiden Großmeister. Trotz der Monothematik kommt keine Langeweile auf, im Gegenteil. Denn der Blick auf beider Schaffen im Namen Luthers, das jeweils mehrere Hundert Choralkompositionen umfasst, ist so lehr- wie abwechslungsreich. Vom einfachen homofonen Kantionalstil (mit dem Choral in der Tenorstimme) bis zum doppel- und dreichörigen Satz, in dem die Melodie instrumental virtuos umspielt wird, lässt sich eine staunenswerte Vielfalt an Besetzungen und Klangfarben goutieren. Von Bachs harmonischen Wagnissen ganz zu schweigen ("Aus tiefer Not schrey ich zu dir" etwa hebt mit einem kruden Septakkord an). Und da der altgediente Van Nevel mit seinem seit 40 Jahren stilsicher agierenden, phänomenal sauber intonierenden Huelgas-Ensemble am Werk ist, kann sich der kontemplativ gestimmte Hörer eine Stunde lang wie von Engelsflügeln getragen in sphärische Gefilde erheben. Wobei Praetorius nahezu lebenswirkliche Luther-Erfahrung (sein Vater studierte beim Reformator Theologie) eine noch innigere Affinität bietet als die mitunter satztechnisch komplizierten Choralstudien Bachs. Der Leipziger Übervater mag es dem säkularisierten Schreiber dieser Zeilen nachsehen.

Christoph Braun, 01.05.2010


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