Oje, noch eine junge Geigerin mit Komm-spiel-mit-mir-Blick! Dabei ist das Cover sogar relativ dezent, verglichen mit dem Pin-up-Look im Innern des Booklets. Wenn die 23-jährige Mayuko Kamio jetzt auch noch entsprechend scharf Geige spielen würde, wär’s noch halbwegs okay. Tut sie aber nicht. Natürlich mag man über das Potenzial der Japanerin nicht meckern: Jede noch so heimtückische Passage in Paganinis Capricen sitzt, kein Griff geht daneben, die Intonation ist I a. Doch kann Kamio dem Zyklus einfach nichts abgewinnen, was uns dazu überreden könnte, mehr als ein paar Minuten am Stück hineinzuhören. Keine Spur von romantisch-virtuosem Schauerkabinett, vom diabolischen Drahtseilakt, von Zauber und Magie und was sonst nicht in diesen Stücken gewesen sein muss, als Paganini damit seine Zeitgenossen zum Rasen brachte. Auch heute ist das ansatzweise noch möglich, wie jüngst erst Thomas Zehetmair in einer quasi-improvisierten Aufnahme bewiesen hat oder, vor nunmehr 25 Jahren, ein ebenfalls noch ganz junger Geiger namens Frank Peter Zimmermann. Der sah zwar aus wie ein braver Musterknabe, spielte aber wie ein göttlicher Berserker. Kamio nun macht technisch alles richtig und spielt ... Etüden, nichts weiter. Energie ist da und Tempo und manches mehr, doch sehr wenig, was den Notentext zu transzendieren vermöchte. Und der allein ist zu mager, um Appetit zu machen.
Raoul Mörchen, 23.01.2010
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