medici arts/Naxos 2072508
(84 Min., 12/2007) 1 DVD
Es ist nicht sonderlich erquicklich, was Thomas Hampson, brillant begleitet von Wolfram Rieger, hier live in München zum Besten gibt: Zwar erlebt der Zuschauer viele Momente, in denen der einstige Glanz von Hampsons Bariton mehr als nur erinnerbar wird, aber über weite Strecken dominieren doch eher mattes Deklamieren oder vom Körperklang allzu sehr separiertes Säuseln im Bereich der Kopfstimme. Kein Zweifel: Dieses einst so wohlklingende Material zeigt deutliche Ermüdungserscheinungen, die sich u. a. auch in Timbreverlust und mangelnder Stetigkeit der Klangqualität sowohl im Phrasenverlauf als auch im Übergang zwischen hoher und tiefer Lage manifestieren. Es verwundert im Zusammenhang damit auch der merkwürdig gutturale Klang, der gaumige Ansatz vieler Vokale, dessen Hampson sich häufig befleißigt, auf den er aber ganz offensichtlich auch immer wieder ohne Weiteres zu verzichten vermag – wie gesagt: Es gibt eine Menge lichte Momente.
Die rein stimmlichen Schwächen verdecken, auch weil sie gewisse Intonationsmängel mitbewirken, den eigentlichen Wert des Programms: Hampson entdeckte nämlich vor Jahren eine Frühfassung der "Dichterliebe", die vier Lieder mehr als die schließlich im Druck erschienene (und heute gängige) Fassung enthält und außerdem eine ganze Reihe von melodischen Varianten (vor allem in der Gesangsstimme) aufweist. Mit anderen Worten: Irgendjemand hat unmittelbar vor Drucklegung an der "Dichterliebe" gebastelt – ob das Schumann selbst war, scheint bis heute unbekannt zu sein. Jedenfalls sind die Frühfassungen vielfach von Interesse in puncto Wort-Ton-Bezug: Wer die übliche Version im Ohr hat, wird einige Überraschungen erleben.
Michael Wersin, 13.11.2009
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