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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Regis Campo, Bruno Ducol, Clément Janequin, Vincent Scotto, Jean Servin, u. a.

L'écrit du cri

Dominique Visse, Ensemble Clément-Janequin

harmonia mundi HMC 902028
(74 Min., 8/2008) 1 CD

Wer kennt sie nicht. Diese feisten und stimmgewaltigen Wochenmarkthändler, die einem alles andrehen wollen. Ob eine Plastiktüte voll mit Salamis oder echte Bio-Wassertomaten aus Holland. In Frankreich greifen dagegen heute vorrangig die nordafrikanischen Handelsvertreter zu einer solch Kunden anwerbenden Anmache. Dabei hat der klassische Marktschreier im Lande der Gourmets und Gourmands eine jahrhundertelange Tradition. Und bereits in der Renaissance setzten Komponisten wie Clément Janequin und Jean Servin den Pariser Verkaufstalenten musikalische Denkmäler in Form von mehrstimmigen Chansons, bei denen es nicht nur hoch hergeht, sondern einem gleich auch noch das Wasser im Munde zusammenläuft. Schnecken und Feigen aus Marseille, Artischocken und Maronen aus Lyon, süße Kirschen und Pfirsiche aus Corbeil – allein Servins "La fricassée des cris de Paris" ist ein einziges Schlaraffenland, das die Vokaltruppe Ensemble Clément Janequin um Countertenor Dominique Visse jetzt sinnenfroh und schwungvoll besucht hat.
Dieses Stück ist denn auch zeitlich das älteste Dokument in dem Programm "L'écrit du cri", mit dem das Ensemble ein kunterbuntes Panorama der Kunst des anpreisenden Schreiens zusammengestellt hat. Aus den letzten drei Jahrhunderten stammt der Großteil der Chansons, die lautmalerisch das Treiben auf den Plätzen und Straßen von Marseille, Paris und Valenciennes einfangen. Und dabei lernt man so manch charmante Rarität kennen. Wie das sanft von Orgelklängen getragene "Les cris de Paris" des elsässischen Romantikers Jean-Georges Kastner. Weil jedoch mittlerweile der Marktplatz seinen Ruf auch als Infobörse an das Internet abgetreten hat, hat Claude Ledoux einen "Cri de blog" komponiert, in dem sich statt aufreizenden Vokalisen jetzt lautmalerische Seufzer tummeln. So flexibel die Sänger sich selbst in solchen zeitgenössischen Experimenten beweisen können, so nervt doch bisweilen der allzu sehr krähende Gesang von Dominique Visse. Und um die sprachlich eingefangenen Köstlichkeiten vollends genießen zu können, wäre im Booklet eine deutsche Übersetzung der Texte empfehlenswert gewesen.

Guido Fischer, 08.08.2009


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