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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Erste Reaktion: Warum stellt sich Lorin Maazel vor solch eine Aufführung? Die überraschende Antwort liefert der Rückentext der DVD-Hülle: Es ist sein ureigenes, selbst verantwortetes Projekt anlässlich Toscaninis 50. Todesjahr 2007. Mit einem Orchester namens "Symphonica Toscanini" veranstaltete Maazel eine Tour zu Ehren seines verehrten Vorbildes, die im hier zu sehenden Verdi-Requiem, aufgeführt in Venedigs Markusdom, gipfelte. Was wir beklagenswerterweise vorfinden, ist neben einem passablen Chor und einem recht guten Orchester das bei Verdi-Requiem-Produktionen nicht allzu seltene Elend eines miserablen Solistenquartetts, in dem die paar schönen Töne, die der Tenor Francesco Meli ab und zu liefern kann, direkt eine Wohltat sind. Die Mezzosopranistin Anna Smirnova liefert geradezu abartig verquollenen Gesang, der zeitweise keinen einzigen Vokal mehr erkennen lässt. Die Sopranistin Norma Fantini erlaubt sich ein ähnlich krasses Vibrato wie der Bassist Rafał Siwek, der zusätzlich noch ab der oberen Mittellage völlig aus dem Stimmsitz aussteigt und in dieser Lage nur wattige, blass-verhangene Töne produziert. Wer hat diesen Menschen beigebracht, so zu singen? Was für eine Ästhetik steht als Idee hinter solchem vokalen Horror? Und vor allem: Warum hat Lorin Maazel diese Sänger unter seiner Stabführung singen lassen, zu Ehren Toscaninis?
Nun, was wissen wir schon über Lorin Maazel. Wir sehen ihn hier wie gewohnt auswendig dirigieren, ja mit kühler Präzision organisieren. Seine Bewegungen sind nicht mehr ganz so elegant wie noch vor zehn, 20 Jahren, sein Gesichtsausdruck, der niemals ein echtes Bewegtsein durch das gerade Dargebotene verrät, wird noch mehr als in früheren Zeiten bestimmt durch die charakteristisch eingekniffenen Mundwinkel. Wir vermeiden an dieser Stelle Spekulationen darüber, was dieser Gesichtsausdruck sagen will. Wir warnen nur vor dieser DVD: Das ist nicht das großartige, von vielen Menschen zu Recht heiß geliebte Verdi-Requiem, sondern bloß eine klägliche Karikatur.

Michael Wersin, 20.06.2009


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