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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Antoine Busnois, Petrus de Domarto, Jean Pullois

Missa L’homme armé, Missa Spiritus almus u.a.

The Binchois Consort, Andrew Kirkman

Hyperion/Codaex CDH 55288
(79 Min., 6/2001) 1 CD

Es gehört zu den hervorstechenden Leistungen der Komponisten der Renaissancezeit, dass sie die Messe zu einer zyklischen, d. h. mit musikalischen Mitteln verlinkten Gattung gemacht haben: Hunderte und aberhunderte solcher Messordinarien entstanden zwischen 1400 und 1600, und es ist hochspannend zu beobachten, mit welcher Kreativität die Meister der Vokalpolyfonie Einheit stifteten innerhalb einer Folge von zumeist fünf gesungenen Teilen der Messfeier, deren Texte doch sehr unterschiedlich strukturiert sind und vor allem ganz verschiedene Längen aufweisen. Zu den beliebtesten Mitteln der Verknüpfung gehörte die Einführung eines Cantus firmus, der in allen Sätzen wieder auftaucht und mit unterschiedlichsten Techniken verarbeitet wird. Neu war um die Mitte 15. Jahrhunderts, dass dies auch ein weltlicher, also ein nicht aus der einstimmigen liturgischen Musik stammender Cantus firmus sein konnte; einer der frühesten, der berühmtesten und vielleicht der am häufigsten verwendete war die prägnante Melodie "L’homme armé", die möglicherweise aus dem Umkreis des 1430 gegründeten Ritterordens vom goldenen Vlies stammt.
Warum gerade sie zur satztechnischen Achse von Messkompositionen werden konnte, ist bis heute nicht völlig geklärt. Einiges spricht indes dafür, dass die "L’homme-armé"-Messe von Antoine Busnois (ca. 1430-1492) die früheste der vielen Kompositionen über diese Melodie ist. Andrew Kirkman legte 2002 mit seinem Ensemble The Binchois Consort bei Hyperion die derzeit wohl einzige erhältliche Einspielung dieses ebenso klangvollen wie geschichtsträchtigen Stückes vor; sie erscheint nun erneut beim Label Helios – Grund genug, sie ganz frisch zu loben: Sie hat an Reiz nichts verloren, denn Kirkmans Männer vermögen Busnois verzweigte polyfone Wege sowohl mit höchster Geschmeidigkeit und betörendem Lyrizismus als auch, wo angebracht, mit eindrucksvoller Energie und Kraftfülle zu gestalten. Kurzum: Eine vokale Leistung von zeitloser Güte, ein bedeutender Moment der europäischen Musikgeschichte, allzumal sinnvoll ergänzt übrigens u. a. durch die wenig bekannte "Missa Spiritus almus" von Petrus de Domarto.

Michael Wersin, 18.04.2009


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