DHM/Sony 88697 28126-2
(137 Min., 6 u. 7/2007) 2 CDs
Man kann sich lebhaft vorstellen, wie Nikolaus Harnoncourt wieder seinen Laserstrahlblick aufgesetzt hat, als sich das Unwetter ankündigte. In der jetzt gar nicht tumulthaften, sondern exakt gezeichneten und dabei von einer ungeheuren Wucht durchblitzten Chorszene aus dem "Sommer" in Haydns Oratorium "Die Jahreszeiten". Und mit spitz aufgestellten Ohren achtet der Schankwirt Harnoncourt im "Herbst" darauf, dass niemand im Jubelchor "Juhe, Juhe! Der Wein ist da!" aus der Rolle fällt. Diese beiden Ausschnitte aus Harnoncourts erneuter Auseinandersetzung mit den "Jahreszeiten" belegen einmal mehr, dass sich sinnengeschärfte Detailarbeit auszahlt, um dieses beliebte und damit arg strapazierte Werk in einen zeitgemäß durchsichtigen, farbigen und spannungsvollen Organismus zu verwandeln.
Bei dem aufnahmetechnisch vorbildlich eingefangenen Livemitschnitt vom Grazer Styriarte-Festival 2007 hat Harnoncourt damit wieder allen Vermutungen widersprochen, dass es sich um ein rein genügsames wie vergnügliches Stimmungspanorama vom Lande handeln würde. Natürlich kennt Harnoncourt die Passagen nur zu genau, die sich jeder aufklärerischen Sichtweise immer noch verweigern. Soloarien wie "Schon eilet froh der Ackermann" ist ihre volkstümelnd-biedere Gefälligkeit kaum auszutreiben. Da können die Hörner noch so aufmüpfig dreinfahren. Über welche beredte und verinnerlichte musikalische Gestik Haydn verfügte, macht Harnoncourt andererseits wieder überdeutlich. In der Cavatina "Dem Druck erlieget die Natur" und im Rezitativ "Willkommen jetzt, o dunkler Hain", in denen Tenor Werner Güra (Lukas) bzw. Sopranistin Genia Kühmeier (Hanne) mit berückendem Tonfall zu hören sind. Stimmlich wie darstellerisch reiht sich zudem Christian Gerhaher in dieses Niveau ein. Was gleichermaßen für den Concentus Musicus Wien sowie für den Arnold Schoenberg Chor dank der gemeinsamen "authentischen" Expressivkraft gilt.
Guido Fischer, 30.03.2009
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