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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Johann Sebastian Bach

Brandenburgische Konzerte Nr. 1-6

Orchestra Mozart, Claudio Abbado

medici arts/Naxos 2056738
(100 Min., 4/2007) 1 DVD

Als Hermann Kretzschmar 1886 beklagte, Bachs "Six Concerts avec plusieurs instruments" blieben aufgrund fehlender historischer Instrumente den "modernen Orchestern so gut wie entzogen", da sollte er, wie Martin Elste nachgewiesen hat, noch für gut sieben Jahrzehnte Recht behalten: Wenn überhaupt eines der berühmten "Brandenburgischen" aufgeführt wurde, dann mit etlichen pragmatischen Schwindeleien. Diese Zeiten sind bekanntlich längst vorbei, seit Harnoncourts erste Gesamteinspielung "mit Originalinstrumenten" von 1964 unsere Hörgewohnheiten revolutionierte. Auch diese Pioniertat ist schon Geschichte, wie die furiosen Einspielungen eines Goebel, Pickett, der Akademie für Alte Musik oder des FBO zeigen. Dass daneben die italienische Fraktion – man denke etwa an Il Giardino Armonico, Concerto Italiano oder die Sonatori – schon immer stark, mitunter führend aufgetreten ist, belegt nun eine Neuaufnahme mit zwei, in diesem Kontext zunächst verblüffenden Namen: dem in Bologna beheimateten Orchestra Mozart unter seinem Gründer Claudio Abbado.
Nun ist Abbado nicht eben ausgewiesener Bachspezialist, und auch sein Anteil als (dirigierender) "Concertatore" an dieser Livedarbietung im Teatro Municipale in Reggio Emilia sollte, wie die Kameraführung adäquat vermittelt, nicht überbewertet werden – dafür hat Bach, bei aller Ensembleanforderung, zunächst einmal den verschiedensten Solisten tragende (und horrend schwierige) Aufgaben zugewiesen. Gleichwohl offenbart die bis ins Letzte ausgeklügelte, immer auf pulsierenden Atem bedachte, verblüffend abwechslungsreiche Gestaltung von Phrasierung und Dynamik aller Beteiligten zweifellos Abbados Handschrift. Mit ihr wird – beispielhaft – das oft nähmaschinenartig abgespulte sechste Konzert zum tänzelnden, mitunter aber auch introvertierten Gesangsstück. Kleinere agogische Freiheiten sowie ausgelassen verzierende "Schlenker" zeugen von einem italienischen Bachverständnis, das die polyfone Satzstrenge in eine hinreißende Spielfreude verwandelt, in der das dialogische Geben-und-Nehmen zum Hauptmovens wird. Da werden Besetzungsfragen – wie etwa die, ob im spektakulären zweiten Konzert eine Block- oder, wie hier, eine Piccoloflöte im Solo-Quartett von Cornetto piccolo bzw. (hoher A-) Trompete, Violine und Oboe zu spielen habe – nebensächlich. Giuliano Carmignolas Violin-, Reinhold Friedrichs Trompeten-, Danusha Waskiewicz‘ Bratschen- oder Rainer Zipperlings Gambenkünste: Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll mit der Bewunderung für die technische Brillanz. Zwar relativiert sich schon angesichts dieser Namen deren "italienische" Eigenart. Gleichwohl: Hätte Bach Abbados Elitetruppe gehört, er hätte für sie sicherlich sofort noch ein konzertantes Sixpack draufgelegt.

Christoph Braun, 07.02.2009


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