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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Ludwig van Beethoven

Klaviersonaten Nr. 30-32

András Schiff

ECM/Universal 476 619-2
(63 Min., 9/2007) 1 CD

Mit dem einen Großmeister (Bach, "Johannespassion") rufen wir es aus: Es ist vollbracht! Sämtliche Klaviersonaten des (nunmehr anderen) Großmeisters (Beethoven), an der Zahl 32, hat András Schiff nun in den berühmten Kasten gepackt, für ewig und immer. Eine Großtat ist es in jedem Fall. Und wir wissen auch, dass Schiff ein fantastischer Pianist ist, mit der Gabe des Intellekts und der Technik zugleich gesegnet. Kein Körnchen können wir finden in dieser Gesamteinspielung, die nun mit den letzten drei Sonaten ihr Ende gefunden hat. Alles ist so, wie Beethoven es notiert hat, wie es in den Noten steht. Und doch möchten wir Einspruch erheben gegen diese Art, Beethoven zu spielen. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil Beethoven eben auch Dinge neben und vor die Noten geschrieben hat. Und das wohl kaum zufällig.
Wenden wir uns also der Sonate op. 109 zu. Bestechend die Klangfülle im Kopfsatz, die klare Disposition. Beeindruckend die stark konturierte Linke im Prestissimo. Betörend das (wiederholt erscheinende) piano, espressivo, das sich auflehnt gegen den marschierenden Geist dieses Satzes. Aber schon hier spürbar der Hang zur Überphrasierung, Überbetonung, Überzeichnung, kurzum: spürbar und eben auch hörbar der Hang dieses Pianisten, uns alles zu zeigen. Und genau das will Beethoven nicht in diesem Finale der E-Dur-Sonate: Warum sonst schriebe er "Gesang mit innigster Empfindung" darüber und, als wolle er das noch einmal bekräftigen, gleich darunter "molto cantabile ed espressivo"? So wie Schiff diesen Satz spielt, würde ihn kein Sänger singen. Mit so viel Druck auf den Stimmbändern, mit so wenig natürlich fließendem Atem. Und das ist das Problem von Schiffs Beethoven, das sich auch in den Sonaten op. 110 und op. 111 in nachgerade frappierender Weise niederschlägt (für all die Beispiele reicht hier nicht der Platz). Es ist dieser Beethoven fabelhaft erdacht und fabelhaft formuliert. Aber er ist didaktisch. Er deutet die ganze Zeit, anstatt die Dinge einfach dorthin strömen zu lassen, wohin sie wollen. Beethoven, hier ist er der gefesselte Prometheus. Er müsste dringend befreit werden.

Jürgen Otten, 17.01.2009


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