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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Frédéric Chopin

Mazurken Nr. 22 - 25, Walzer Nr. 2 - 4, Klaviersonate Nr. 2 h-Moll op. 35, Impromptu Nr. 2 op. 36, Ballade Nr. 2 op. 38

Maurizio Pollini

DG/Universal 477 7626
(56 Min., 3/2008) 1 CD

Es war einmal ein junger Pianist, der kam nach Warschau, es war Herbst, die Blätter lagen auf dem Trottoir, und er betrat das Podium, spielte sich in einen Rausch und gewann die Herzen und den Verstand all jener, die ihm zuhörten, in einem Streich, und deswegen auch die begehrteste aller Trophäen. Klein und schmächtig war der junge Mann, aus Mailand kam er, und als er den ersten Preis beim Chopin-Wettbewerb gewonnen hatte, da war jedem klar, dass dies der Beginn einer märchenhaften internationalen Karriere sein würde. Seit nunmehr knapp 50 Jahren steht Maurizio Pollini auf der Bühne, und die kleine Vorgeschichte ist wichtig, um zu verstehen, wie er heute Chopin spielt. Der Rausch ist hinfort, Pollini ein weiser Mann, der nur dann, wenn er raucht (und das tut er zu oft), einem Kinde immer noch gleicht.
Jetzt hat Pollini von Chopin die F-Dur-Ballade, vier Mazurken aus op. 33, drei Walzer aus op. 34, das Impromptu in Fis-Dur op. 36 und die gewaltige b-Moll-Sonate aufgenommen, und man ist doch gerade im Fall des letztgenannten Werks ein wenig erstaunt, wie milde er gestimmt ist. Sämtliche Leidenschaft scheint gebannt, zumal in den ersten beiden Sätzen. Pollini glaubt dem Furor nicht mehr, er glaubt an etwas Höheres; jedenfalls klingt sein Spiel danach. Kaum etwas hören wir von den dynamischen Gegensätzen, von den harschen Ausbrüchen des Grave-Doppio Movimento-Satzes und mehr noch des Scherzos. Das ist schon ein bisschen altväterlich, denkt man bei sich. Hört man aber dann den Marche funébre, dann wird klar, dass Pollini sich mit dem Stück nach innen wendet, dass er nicht mehr explodieren will, sondern implodieren, mit einem Wort: Er sublimiert, und das auf eine klanglich so verfeinerte Art und Weise, dass man beim mehrmaligen Hören dann doch wieder begeistert ist. Und mag es an der Perspektive liegen: Plötzlich wirken auch die Walzer und Mazurken putzmunter und blitzgescheit und rhythmisch so ungemein quirlig. Was uns das sagt: Urteile nie nach dem ersten Schein.

Tom Persich, 15.11.2008


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