Banalfeuilletonesen setzen die russische Seele mit Melancholie und Schwermut gleich. Davon ist bei Viktoria Tolstoy wenig zu spüren. Die in Schweden geborene Ururenkelin des Dichters Lew Tolstoj greift zwar auf Melodien von Pjotr Iljitsch Tschaikowski und Sergej Rachmaninow zurück, doch diese verwandelt sie in Pop- und Popjazzsongs. Aus dem zweiten Satz von Tschaikowskys fünfter Sinfonie ist das Thema der Ballade "Home" entliehen, "Word by Word" wurzelt in der "Nussknacker-Suite" und das fast zum Hard Rock mutierte "Aftermath" im Hauptthema von "Schwanensee". Die Texte hierzu schrieb die Göteborger Songwriterin Ana Alerstedt. Volkslieder, der auf Alexander Borodins "Polowetzer Tänzen" basierende Musicalsong "Stranger In Paradise" und "Our Stories" des Liedermachers Vladimir Vysotzky runden das Repertoire ab.
Die Begleitung wechselt von Song zu Song – mal kommen an Streicher erinnernde Keyboardsounds zum Einsatz, mal schafft ein Akkordeon Bistro-Flair. Tolstoy artikuliert klar und verständlich und besteht im Balanceakt zwischen Gefühl, Nüchternheit und Sentimentalität. Das Ergebnis ist ein Dutzend starker Songs im Spannungsfeld zwischen Jazz, Rock und der Tradition der Singer/Songwriter.
Werner Stiefele, 25.10.2008
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