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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Rollercoaster

Rolf Kühn

Jazzwerkstatt/Records Vertriebsges. MbH Wuppertal 039
(47 Min., 4/2008) 1 CD

"Achterbahnfahrt" bedeutet der Titel dieser CD ins Deutsche übersetzt. In der Tat mag die Karriere des zur Zeit der Aufnahme 79-jährigen Klarinettisten Rolf Kühn manchen an eine Achterbahnfahrt erinnern. Am Anfang war er Starsolist einer ostdeutschen Big Band, dann der Erfolg in Amerika – unter anderem im Benny Goodman Orchestra und der Tommy Dorsey Band –, dann die Leitung der NDR-Studioband und eigene Komponistentätigkeit; schließlich nach der Flucht seines 14 Jahre jüngeren Pianistenbruders Joachim aus der DDR zusammen mit ihm die Hinwendung zunächst zum Freejazz und dann zur Fusionmusik und dann, nach einer Phase relativer Ruhe erneute Komponistentätigkeit – und nun erscheint, um die Achterbahnbewegung quasi zu dokumentieren, auch noch fast gleichzeitig zu Rollercoaster die vom Künstler selber abgesegnete Zusammenstellung der Fusionaufnahmen, die er einst mit Joachim für MPS einspielte (More, More, More & More – The Artist’s Selection, MPS / UMG 06025 1782049).
Mag das MPS-Material heißgesuchte Raritäten enthalten, künstlerisch aufregend im aktuellen Sinne ist das Jazzwerkstatt-Album. Es ist weit entfernt von jeglicher Art des Altherrenjazz. Kühn, der Vater, ja gar Großvater von Ronny Graupe (g), Johannes Fink (b) und Christian Lillinger (dm) sein könnte, klingt souverän altersweise, aber kein bisschen ergraut. Faszinierend ist sein Ton; er ist warm, geschmeidig und ungeheuer beweglich - wer glaubte zu New Jazz tauge nur eine gnadenlos verfremdete Klarinette oder eben ihre Bassvariante, wird hier nachhaltig eines Besseren belehrt. Die vier Musiker agieren als blendend aufeinander eingespieltes Quartett, das die konzisen, im Sinne Ornette Colemans boperweiterten, auf Improvisation hin fordernd offenen Themen risikofreudig zu komplexen Binnenstrukturen weiterspinnt. Neben dem Leader beeindruckt besonders Ronny Graupe, dessen Gitarrenklänge ganz von ferne an Gabor Szabo mit Charles Lloyd erinnern und auf jeden Fall von seltener Eigenständigkeit künden. Es wäre ein Gewinn für die Szene, könnte man diese Besetzung auch im Konzert live erleben.

Thomas Fitterling, 04.10.2008


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