DG/Universal 447 6593
(51 Min., 5/2007) 1 CD
Kein Wunder, dass viele Pianisten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren Sergei Prokofjew als Lieblingskomponisten benennen: Die Sonaten und Konzerte des 1953 verstorbenen Russen fordern mit ihren technischen und physischen Hürden nicht nur den Sportsgeist heraus, sondern geben in ihren scharfen Schwarzweißkontrasten deutliche interpretatorische Grundlinien vor. Sogar der Mangel an Klangfarben und Anschlagskultur, die Achillesferse der meisten jungen Klavierstars, lässt sich bei diesen Stücken relativ gut kaschieren. Auch Yundi Li hat natürlich mehr als genug Kraft für Prokofjews zweites Klavierkonzert, das schwierigste der fünf. Bei den Akkordballungen, mit denen Prokofjew den protzigen Aplomb der romantischen Pianistik in grelle Brutalität steigert, lässt er’s ordentlich donnern, das flinke Fingerwerk im Scherzo machen ihm nicht viele nach.
Dennoch fehlt Li die Ausdrucksebene, die beispielsweise Alexander Toradze, der derzeit wohl beste Interpret dieses düstersten Prokofjewkonzerts, erreicht: die des lyrischen Ichs, das sich gegen die Verrohung wehrt. Dazu bräuchte es allerdings einen singenden Ton und weiche, tiefe Farben – und die fehlen Li auch in Ravels Klavierkonzert. Der wunderbare Monolog, mit dem der zweite Satz beginnt, wird da zum Offenbarungseid: Gegen die Magie eines Michelangeli, die trockene Delikatesse eines Samson François, die lässige Eleganz eines Ciccolini, kann Li nur ein teigiges, plump differenziertes Mezzopiano bieten – von einer Aussage ganz zu schweigen. Und zu zeigen, wie man Ravel mit Atmosphäre und Spielwitz musiziert, bleibt allein den hinreißenden Berliner Philharmonikern unter Seiji Ozawa überlassen.
Jörg Königsdorf, 05.09.2008
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