Audite/Edel Classics 1095600ADT
(53 Min., 1948, 1949, 1953) 1 CD
Fast jede einzelne Nummer dieses Programms belegt, dass mit diesen Aufnahmen Interpretationsgeschichte geschrieben wurde: Man wähle etwa den ersten der drei "Harfner"-Gesänge nach Goethe ("Wer sich der Einsamkeit ergibt"), eingespielt 1949 mit Rudolf Wille am Klavier. Zeile für Zeile begegnet dem Hörer höchste Gesangskunst von geradezu nachschöpferischer Intensität, gipfelnd in der langen, ob ihrer Eindringlichkeit geradezu quälenden Crescendo-Strecke innerhalb der zweiten Textstrophe. Vermittlungsgenialität der besonderen Klasse, erlangt von einem erst 24-Jährigen! Wer wollte heutzutage so singen? Kein zeitgenössischer Liedinterpret kann wohl benannt werden, der in unseren Tagen diese Höhe zu erreichen vermöchte.
Nach dem Zufallsprinzip weitergezappt: Das erste der beiden "Cophtischen Lieder" (Goethe) kommt mit einer gesanglich-sprachlichen Präsenz daher, als wolle der Sänger sogleich aus der Lautsprecherbox herausspringen und direkt neben dem Rezensenten zu stehen kommen. Aufgenommen 1949: Fast 60 Jahre alt ist dieses Tondokument und doch kein bisschen verstaubt, kein bisschen unaktuell. Wer Fischer-Dieskaus Diskografie kennt, der stimmt auch hier wieder den unvermeidlichen Refrain an: Warum nur hat er aufgehört, so zu singen ...?
Michael Wersin, 06.09.2008
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