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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Diverse

Das Lochamer Liederbuch

Martin Hummel, Ensemble Dulce Melos, Marc Lewon

Naxos 8.557803
(71 Min., 9/2005) 1 CD

"Eines der curieusesten Manuscripte des XV. Jahrhunderts und sonderbaren vermischten Inhaltes" – so beschrieb der Nürnberger Polyhistor Christoph von Murr die uralte Handschrift, der er 1811 dem Musikgelehrten Johann Nikolaus Forkel zum Kauf anbot. Bald sollte das Manuskript zur Legende werden: Als "ältestes deutsches Liederbuch" feierten es die Romantiker. Wie der zwischen "Lochamer", "Locheimer" und "Lochauer" Liederbuch schwankende Titel bereits vermuten lässt, war die Handschrift nicht ganz leicht zu entziffern, dennoch, wurden die in ihr enthaltenden Lieder und Orgelstücke bald unter blumigen Titeln wie "Ringelreigen" oder "Minnelied" veröffentlicht und dabei oft heftig bearbeitet.
Auch Dulce Melos hat bei seiner Auswahleinspielung Bearbeitungen vorgenommen – dies jedoch mit historisch-kritischem Fingerspitzengefühl. Bewusst wählen die Interpreten verschiedene Lösungen, um die oft einstimmig und manchmal nur fragmentarisch mehrstimmig notierten Stücke zu präsentieren: Schlicht begleitete Lieder wechseln sich mit abwechslungsreich instrumentierten mehrstimmigen Stücken ab; im Beiheft wird zu jedem Stück sehr knapp aber klar und verständlich erläutert, was von dem Gehörten denn nun wirklich in den Noten steht und welche Partien aus welchen Quellen ergänzt sind. Manchmal lässt der klar deklamierende Bariton Martin Hummel ein Volklied auch einfach Volkslied sein und präsentiert es schlicht und ungekünstelt a capella. Auch dass Dulce Melos verschiedene Orgelbearbeitungen des legendären blinden Organisten Conrad Paumann nicht auf einem klappernden Portativ, sondern sanglich auf verschiedenen Melodieinstrumenten spielt, ist eine kluge Entscheidung. Der auf vielen Instrumenten versierte Paumann mag sich bei seinen auch zu didaktischen Zwecken niedergeschriebenen Bearbeitungen zwar viel Mühe gegeben haben. Doch, vergleichbar mit Klavierauszügen, werden die Bearbeitungen erst völlig verständlich, wenn man sich eine Vorstellung von den Vorbildern macht, die ihnen möglicherweise zu Grunde lagen.

Carsten Niemann, 10.05.2008


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